Charlotte.

Die Polizei in Charlotte (US-Bundesstaat North Carolina) hat nach der umstrittenen Erschießung eines Afroamerikaners und daraus resultierenden schweren Unruhen Videos und Fotos veröffentlicht. Sie sollen den tödlichen Einsatz der Ordnungskräfte im Nachhinein rechtfertigen. Die Bilder werfen jedoch aus Sicht von verschiedenen Kriminalexperten „noch mehr Fragen auf“.

Zu sehen ist, wie der 43-jährige Familienvater Keith Lamont Scott nach lautstarken Aufforderungen mehrerer Beamter aus einem parkenden Auto aussteigt, rückwärts geht und dabei beide Arme am Körper hält, ohne jede Drohgebärde gegen die Polizisten. Ob er, wie von der Polizei behauptet, in diesem Moment eine Waffe in der Hand trug, ist nicht zu erkennen. Plötzlich fallen vier Schüsse, abgegeben aus der Dienstwaffe eines 26-jährigen schwarzen Polizisten. Die nächsten Bilder zeigen, wie das Opfer auf dem Bauch liegt und mit Handschellen gefesselt wird. Ob es noch andere Aufnahmen von Kameras gibt, die an den Uniformen der Polizisten und am Armaturenbrett von Einsatzfahrzeugen montiert waren, ist bisher nicht bekannt. Dazu veröffentlichte die Polizei ein Foto, das die Pistole Scotts zeigen soll. Die Familie des Toten behauptet, Scott habe keine Waffe besessen, sondern im Auto ein Buch gelesen.

Charlottes Polizeichef Kerr Putney erklärte am Wochenende erstmals, dass Scott bei einem Fahndungseinsatz gegen eine andere Person eher zufällig ins Visier der Cops geraten sei. Grund: Er habe im Auto gesessen und einen Joint gedreht – was in North Carolina illegal ist. Dabei sei den Polizisten eine Waffe im Wageninnenraum aufgefallen – was in North Carolina gesetzlich unter Voraussetzungen erlaubt ist. Ob Scott die nötige Zulassung besaß oder ob er zur Vorlage derselben aufgefordert wurde, ist bisher nicht bekannt.

Der Anwalt der Opfer-Familie, Justin Bamberg, erklärte, dass Scott zu keiner Zeit eine Bedrohung dargestellt habe. Den Polizisten sei der Vorwurf zu machen, nicht deeskalierend eingegriffen zu haben. Lokale Medien in Charlotte gehen davon aus, dass die Videoveröffentlichung die seit Tagen andauernde Protestwelle nicht stoppen wird.