Erlangen.

Es ist noch dunkel am Main-Donau-Kanal in Erlangen. Doch die Einsatzkräfte sehen genug, um zu wissen, dass sie nicht mehr helfen können: Ein Flusskreuzfahrtschiff ist unter zwei parallel laufenden Brücken hängen geblieben. Wo das Führerhaus sein müsste, klafft nur noch ein schauerliches Loch. Zwei Crewmitglieder sind bei der Havarie des Hotelschiffs in der Nacht zu Sonntag getötet worden, während der Rest der 49-köpfigen Crew und die 181 Passagiere unverletzt bleiben.

Ein 33 Jahre alter Matrose und ein 49 Jahre alter Schiffsführer, der das Steuer in Vertretung des Kapitäns in der Hand hatte, kamen ums Leben. Zur Bergung ihrer Leichen ist schweres Gerät nötig. Auch für die Evakuierung der übrigen Räume müssen die insgesamt rund 200 Rettungskräfte tüfteln: Zunächst vertäuen sie das Schiff, damit es nicht abtreibt. Mit Leitern kommen die ersten Notfallseelsorger an Bord.

Es ist ein skurriler Anblick: Die Passagiere warten mitten in der Nacht in hell erleuchteten Räumen an Bord, sitzen vor weiß gedeckten Tischen im Restaurant oder in ihren Kabinen. Währenddessen liegen an Deck großräumig Glassplitter, Kunststoff- und Stahltrümmer herum. Zugleich bauen die Rettungskräfte von Feuerwehr und Technischem Hilfswerk aus Baugerüsten eine Notbrücke, über die sie die Reisenden später an Land führen. Sie kommen vorerst in einem Gemeindezentrum unter; das Gepäck wird ihnen nachgeliefert.

Dabei sollte es eine vergnügliche Flusskreuzfahrt von Erlangen nach Budapest werden: Auf dem Sonnendeck der „Viking Freya“ sorgen eine Minigolfanlage und ein Kräutergarten für Abwechslung, das Restaurant hat bodentiefe Fenster für die perfekte Aussicht. Vor allem US-Amerikaner buchen gern die Tour auf dem unter Schweizer Flagge fahrenden Schiff.

Doch diesmal ist die Kreuzfahrt nach wenigen Minuten vorbei. Noch im Stadtgebiet von Erlangen streift das Schiff ersten Erkenntnissen zufolge eine Straßenbrücke, die über den Main-Donau-Kanal führt. Dabei wird vermutlich bereits das Dach des Führerhauses abgerissen. Wenige Meter weiter, an einer noch etwas niedrigeren Eisenbahnbrücke aus grünlichem Stahl, wird das Führerhaus dann komplett demoliert. „Ein kleiner Höhenunterschied kann da schon ausschlaggebend sein“, erläutert Christian Seitz von den Einsatzkräften.

Wie es allerdings überhaupt zu der Kollision kommen konnte, blieb zunächst völlig unklar. „Zur Unglücksursache kann man momentan noch gar nichts sagen, ob es rein menschliches Versagen oder ein technisches Problem oder eine Kombination von beidem ist“, so Polizeisprecher Michael Petzold.

Keine 50 Zentimeter zwischen Schiff und Brücke

Normalerweise senkt die Besatzung das Führerhaus vor einer Brücke ­bündig auf das Level des Decks ab. Auch die Reling, Stühle und Tische werden zusammengeklappt. Bei der „Viking Freya“ sind dann aber nicht einmal mehr 50 Zentimeter Platz bis zur ­Brücke. „Es geht schon eng zu“, schildert ein Anwohner, der diese Kreuzfahrt mehrfach gemacht hat. Ein mulmiges Gefühl habe er bisher noch nie gehabt.