Wedel. Silas Ostertun hat eine Sehhilfe entwickelt, mit der die Rotgrünschwäche ausgetrickst werden kann. Dafür ist der Grundschüler schon mit fünf Preisen ausgezeichnet wordenSilas Ostertun hat eine Sehhilfe entwickelt, mit der die Rotgrünschwäche ausgetrickst werden kann. Dafür ist der Grundschüler schon mit fünf Preisen ausgezeichnet worden

Silas Ostertun, der Erfinder, ist ein ernst blickender Junge von gerade einmal neun Jahren, der vor Kurzem eine bahnbrechende Entdeckung gemacht hat. Sie ist dazu geeignet, allen Menschen mit einer sogenannten Rotgrünschwäche das Leben zu erleichtern.

Der Wedeler Grundschüler ist dafür bereits mit fünf Preisen ausgezeichnet worden, unter anderem war er Landessieger bei „Jugend forscht“ in der Sparte „Schüler experimentieren“ und Zweiter beim Bundeswettbewerb „Innovationen für Menschen mit Behinderungen“ der Christoffel-Blindenmission (CBM).

„Soweit wir das beurteilen können, gibt es nichts Vergleichbares mit dem, was er entwickelt hat“, sagt Marion Muhalia, Pressereferentin der CBM, die von Silas Ostertun und seiner Erfindung begeistert ist: „Ein sehr sympathischer, aufgeweckter Junge. Und sehr überzeugend.“

Die bahnbrechende Idee hatte er schon als Siebenjähriger

Hinter der Idee steht ein heller Kopf, der genauso gern tüftelt wie seine älteren Geschwister, der 16-jährige Timon und die 13-jährige Delia. Eigentlich war ein gemeinsames Projekt der drei für die Bewerbung bei dem Wettbewerb „Jugend forscht“ geplant, doch die beiden Älteren konnten sich für Silas’ Idee nicht so recht begeistern. Das war 2014, Silas war damals außerdem noch zu jung für den Wettbewerb.

Er selbst hat eine Rotgrünschwäche und ist damit bei Weitem nicht alleine: Etwa fünf bis neun Prozent aller Jungen und zwischen 0,4 bis 0,8 Prozent der Mädchen kommen damit auf die Welt. Allein in Deutschland betrifft diese Fehlsichtigkeit bis zu sieben Millionen Menschen.

Denen könnte jetzt geholfen werden von einem, der selbst betroffen ist. „Viele meiner Mitschüler und meine alte Lehrerin haben mich deswegen geärgert“, sagt der Neunjährige. „Sie haben oft über meine Sehschwäche gelacht und mich als blind bezeichnet.“ Auch wenn ihn das hart traf – aufgeben wollte er deswegen noch lange nicht, ganz im Gegenteil. Er sann auf Abhilfe. Dabei kam ihm zupass, dass er einmal vergaß, seine 3-D-Brille – ein Modell mit einer roten Folie auf der einen und einer grünen auf der anderen Seite – direkt nach dem Betrachten dreidimensional wirkender Bilder abzusetzen. Stattdessen schaute er sich in der Folge ganz andere Bilder an, nämlich solche, mit denen man testen kann, ob man die Farben Rot und Grün voneinander zu unterscheiden in der Lage ist.

Mit dieser Brille auf der Nase konnte er darin plötzlich etwas entdecken, was er zuvor nicht sehen konnte: den Umriss von Zahlen, die in Rot- oder Grünfarbtönen zwischen den anderen bunten Farbkreisen der Bilder aufleuchteten und für Menschen mit einer Rotgrünschwäche kaum oder gar nicht zu erkennen sind. Das war der Durchbruch und der Anfang des Projektes, das sich als größer erwies als ursprünglich vermutet.

Silas besorgte sich bunte Folien. Er hatte entdeckt, dass es zwei Farben gibt, die beim Blick hindurch die Unterscheidung von Rot und Grün ermöglichen: Gelb und ein Rosa. Rosa half, Zahlen in der andersfarbigen Umgebung auf dem Testbild erkennen zu können, Gelb bei der Erkennung der verschiedenen Farben bei buntem Licht. Erste Versuche machte er mit einer Pappbrille und einem Brillengestell aus Knete – „da fiel aber der Bügel ab“.

Es folgte ein richtiges Gestell, bei dem er die Folie aber nicht so aufbringen konnte wie vorgesehen. Nachdem er herausgefunden hatte, wie die Brille aussehen musste, fertigte ein Wedeler Unternehmen ein Modell mit Farbverlauf, was sich aber als nicht optimal herausstellte. Die Brille, die Silas heute trägt, hat ein Lübecker Optiker angefertigt, der durch einen Beitrag des Norddeutschen Rundfunks auf den jungen Erfinder aufmerksam wurde.

Silas Ostertun drängte frühzeitig darauf, ein Patent anzumelden, doch sein Vater Sönke wollte erst das Urteil der Jury abwarten. Durch die öffentliche Vorstellung der Entwicklung bei den Wettbewerben wurde die Anmeldung eines Patents aber unmöglich, daher wurde in aller Eile stattdessen ein Gebrauchsmuster angemeldet. Das musste sein, „sonst hätte jeder das einfach für sich anmelden können“, erklärt Silas.

Das Mobbing in der Schule hat nicht aufgehört

Das Mobbing in der Schule hat trotzdem nicht aufgehört, sagt der junge Erfinder. Statt ihm Anerkennung zu zollen, piesackten ihn die Mitschüler jetzt wegen der Brille und seiner Preise. Das ist jetzt aber bald vorbei, denn dann wechselt der Viertklässler aufs Gymnasium.

Einen neuen Einfall für den nächsten Wettbewerb von „Jugend forscht“ hat Silas Ostertun auch schon. Man darf gespannt sein auf seine nächste Idee mit Potenzial.