Johannesburg.

Es ist schlimmer als gedacht: Die Zahl der afrikanischen Dickhäuter ist wesentlich geringer als bisher angenommen – und geht wegen der zunehmenden Wilderei um jährlich 30.000 Exemplare zurück. Zu diesem erschütternden Ergebnis kam eine bislang beispiellos gründliche Elefantenzählung, die in den vergangenen zweieinhalb Jahren in 18 wildtierreichen Staaten des Kontinents durchgeführt wurde.

Der Zensus ergab, dass in den betroffenen Ländern nur noch gut 350.000 Savannenelefanten leben: Experten waren bislang von einer halben Million ausgegangen. Von der Zählung nicht erfasst wurden die Waldelefanten, die vor allem im Kongobecken zu finden sind: Doch auch ihr Bestand ist in den vergangenen 14 Jahren um über 60 Prozent auf gerade noch 50.000 Exemplare eingebrochen.

„Ich glaube nicht, dass irgendein Mensch der Welt jemals so viele tote Elefanten wie ich in den vergangenen zwei Jahren gesehen hat“, sagte der wissenschaftliche Leiter des Zensus, Mike Chase: „Es gab Tage, an denen ich dachte, nur noch das Verschwinden einer der bemerkenswertesten Tiere dieser Welt dokumentieren zu können.“

An dem von Microsoft-Mitgründer Paul Allan mit sieben Millionen Dollar finanzierten „Great Elephant Census“ (GEC) hatten insgesamt 90 Wissenschaftler und 286 Piloten teilgenommen. Sie flogen in 81 Kleinflugzeugen fast eine halbe Million Kilometer, um aus der Luft die Population der Jumbos zu zählen – was einer Strecke wesentlich weiter als zum Mond entspricht. Die Flugzeuge waren mit Zählrastern und Kameras ausgerüstet: Auf diese Weise sollte eine hohe Zuverlässigkeit der gewonnenen Daten sichergestellt werden. Lediglich drei afrikanische Staaten mit nennenswerten Elefantenzahlen wurden nicht berücksichtigt: Die Zentralafrikanische Republik und der Südsudan, wo derzeit Bürgerkriege herrschen, sowie Namibia, das seinen Elefantenbestand mit 22.700 Tieren angibt.

In manchen Regionen bot sich den Tierzählern ein erschütterndes Bild. Im Norden Kameruns machten die Wissenschaftler pro zehn lebenden acht tote Elefanten aus: Insgesamt wurden dort nur noch 148 Rüsseltiere registriert. Ihr dortiges Aussterben steht unmittelbar bevor. Kaum weniger erfreulich das Bild in Angola, Mosambik und Tansania: Im tansanischen Selous-Nationalpark ging die Zahl in den vergangenen zehn Jahren um mehr als 75 Prozent zurück. Im Babile Elefantenschutzgebiet Äthiopiens wurde noch eine einzige 36-köpfige Elefantenherde gezählt, und im Westen Sambias brach die Zahl der Jumbos in den vergangenen zwölf Jahren von 900 auf 48 ein.

Lichtblicke gibt es lediglich im Süden des Kontinents – in Botswana, Simbabwe und Südafrika, wo inzwischen 60 Prozent aller afrikanischen Savannenelefanten leben. Mit mehr als 130.000 Exemplaren verfügt Botswana über die größte Dickhäuterzahl des Kontinents, was das dürre Land vor neue ökologische Herausforderungen stellt. Satellitentracking hat ergeben, dass von der weit verbreiteten Wilderei in Angola bedrohte Rüsseltiere in dem relativ gut beschützten Botswana Zuflucht suchen: Nun ist die Bevölkerungsdichte der Jumbos dort dermaßen hoch, dass der Baumbestand kaum wiedergutzumachenden Schaden erleidet.

Seit zehn Jahren nimmt die illegale Jagd wieder zu

Vor der Kolonialisierung durch die Europäer sollen in Afrika rund zwei Millionen Elefanten gelebt haben. Ihre Zahl ging ständig zurück, bis Naturschutzbemühungen den verhängnisvollen Trend in den letzten Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts stoppen konnten. Seit zehn Jahren nimmt die Wilderei allerdings wieder zu, was auf den wachsenden zahlungskräftigen Mittelstand in China und Vietnam zurückgeführt wird. Dort wird Elfenbein als Schmuckrohstoff verwandt. Es gilt außerdem als Heilmittel.

Der illegale Handel mit den Stoßzähnen ist in den Händen hoch professioneller Banden, die zur Tötung der Tiere auf lokale Helfer zurückgreifen. Die Elefanten werden mit hochkalibrigen Jagdgewehren, oft aber auch mit russischen Schnellfeuergewehren oder vergifteten Pfeilen unter enormen Schmerzen getötet.