Hamburg. Tumulte nach Urteil. Angeklagter Koch hatte Erpresser mit Kopfschuss getötet. Laut Richter war es Notwehr

Große Überraschung im Prozess um die einbetonierte Leiche im Hamburger Restaurant Casa Alfredo am Hauptbahnhof: Das Hamburger Landgericht hat den angeklagten Koch Alfredo M. am Mittwoch vom Vorwurf des Totschlags freigesprochen. Der 52-Jährige, der einen Schutzgelderpresser mit einem Kopfschuss getötet hatte, habe in Notwehr gehandelt. Allerdings liege die Tat an der Grenze des in einer Notwehrsituation gerade noch Erlaubten, sagte der Vorsitzende Richter Joachim Bülter.

Nach dem Freispruch kam es im Landgericht zu Tumulten. Angehörige des Opfers riefen „Mörder, Mörder“, drohten dem Angeklagten: „Glaubst du, dass das hier schon das Ende ist?“ Mehr als ein Dutzend Polizei- und Justizbeamte mussten einschreiten, um Alfredo M. vor Angriffen zu schützen.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Erkan „Cincin“ D. (49) den Koch des Casa Alfredo in anderthalb Jahren um rund 25.000 Euro erpresst hatte. Als Alfredo M. die Zahlung verweigerte, sei Erkan D. am 30. September 2015 mit einer scharfen Handfeuerwaffe in seinem Restaurant aufgetaucht, habe diese vor sich auf einen Tisch in Richtung des Angeklagten gelegt und gedroht: „Entweder du zahlst, oder einer von uns beiden geht drauf!“

Die Situation eskalierte, als Erkan D. eine Anspielung auf die „schönen Töchter“ des Angeklagten machte. Beide Kontrahenten befanden sich schließlich am Boden, Alfredo M. bekam in dem Durcheinander die Waffe zu fassen und gab aus nächster Nähe den tödlichen Schuss ab.

Alfredo M. habe zwar den Tod des Mannes billigend in Kauf genommen. Um sein Leben zu verteidigen, sei ihm aber in der konkreten Kampfsituation keine andere Wahl geblieben, als seinerseits die Waffe zu ergreifen und zu schießen, sagte der Vorsitzende Richter. „Angesichts des gegenwärtigen erpresserischen Angriffs bestand eine Notwehrlage.“

Offenbar aus Angst vor der Rache der Angehörigen hatte Alfredo M. die Leiche im Lagerraum des Lokals einbetoniert. Tatwaffe und Handy des Opfers ließ er in der Elbe verschwinden. Sechs Wochen später entdeckte die Polizei die Leiche bei einer Durchsuchung des Lokals an der Kirchenallee.

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