Hamburg. Auch Lärm-Minderung ungewiss. FDP kritisiert Langsamfahr-Pläne. VW macht Hamburg zur Testregion

Die von Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) für besseren Lärmschutz angekündigte Einführung von nächtlichem Tempo 30 an zehn Hauptstraßen könnte zu verstärkter Belastung der Luft führen. Das geht aus der Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage des FDP-Verkehrspolitikers Wieland Schinnenburg hervor.

Mit Bezug auf eine Studie des baden-württembergischen Landesamtes für Umwelt schreibt der Senat, dass „Tempo 30 und Tempo 40 auf ebenen Hauptverkehrsstraßen mit hohem Konstantfahranteil“ einen höheren Ausstoß an Stickoxid, Feinstaub und CO2 verursachten als Tempo 50. Bei Steigungen und „auf ebenen Strecken mit niedrigem Konstantfahranteil“ könne der Stickoxid-Ausstoß dagegen zurückgehen. Für CO2 und „motorbedingte Feinstaubimmissionen“ aber sei „Tempo 30 in allen Fällen negativ“.

Auf die Frage, ob Tempo 30 zu einer geringeren Lärmbelastung führe, schreibt der Senat, dies hänge „von den konkreten Verhältnissen im Einzelfall“ ab. „Ein allgemeingültiger Rechenwert lässt sich nicht angeben.“

Zugleich räumte der Senat ein, dass es kaum nächtliche Radarkontrollen gibt. Im Jahr 2015 hat es in ganz Hamburg lediglich neun „Nachtmessungen“ zwischen 22 und 6 Uhr gegeben, im laufenden Jahr bisher sechs. Auch gegen besonders laute Fahrzeuge geht die Polizei eher zurückhaltend vor. 2015 wurden lediglich 62 Bußgelder zwischen 10 und 30 Euro verhängt.

„Die Antworten des Senats zeigen, dass die Forderung nach Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen reine Ideologie ist“, sagte FDP-Politiker Schinnenburg. „Der Senat sollte lieber die bestehenden Tempolimits durchsetzen und gegen Fahrzeuge vorgehen, die viel Lärm verursachen.“

Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) sagte: „Wir erwarten die Gutachten für Hamburg Ende des Jahres, in denen Verkehrsmaßnahmen auf ihre Wirksamkeit überprüft wurden. Dann sehen wir weiter.“ Bei der Lärmreduzierung gebe es an den drei Straßen, in denen Tempo 30 bereits probeweise eingeführt wurde, „erste positive Resonanzen“. Wichtig sei, „dass das Einhalten von 30er-Zonen nachts zumindest am Anfang überwacht wird“.

Die Senkung von Emissionen ist auch einer der Punkte bei einem neuen Projekt, das gestern Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) und VW-Chef Matthias Müller im Rathaus vorstellten. Demnach wird Hamburg für den Konzern zur Testregion für das Autofahren der Zukunft. Es geht dabei auch um die Erprobung von autonomem Fahren.

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