in Bier im Dienst zu trinken kommt für Hans-Jörg Czech eigentlich nicht infrage. Es sei denn, dienstliche Gründe machen es erforderlich. Und so steht der Direktor des Museums für Hamburgische Geschichte (MHG) in einer Hafenkneipe aus dem späten 19. Jahrhundert, deren originales Interieur in dem Haus am Holstenwall ausgestellt ist, und hält für den Fotografen ein Störtebeker-Bier in der Hand. Wenn man genauer hinsieht, stellt man zwar fest, dass Czech gar nicht in, sondern vor der mit einer Glasschranke gesicherten Kneipe steht, aber getrunken hat er das Bier dann doch. Und zwar nicht nur, weil er an heißen Tagen privat ganz gern ein Glas kühles Bier trinkt, sondern gewissermaßen zur Einstimmung aufs Thema. „Kein Bier ohne Alster – Brauhaus der Hanse“ heißt nämlich die große Sonderausstellung, mit der das MHG vom 7. September an aufzeigt, welche Bedeutung das Bierbrauen für die Entwicklung der Hansestadt seit dem 13. Jahrhundert gehabt hat. In der Hansezeit galt Bier als „flüssiges Brot“, es war das Standardgetränk, das nicht etwa nur nach Feierabend, sondern den ganzen Tag über getrunken wurde.

Waren die Hamburger damals immer leicht betrunken? „Durchaus nicht, denn die Bezeichnung bezog sich zwar nicht ausschließlich, aber doch vorwiegend auf Biere, die einen sehr geringen oder fast gar keinen Alkoholgehalt hatten, aber als nahrhaftes Lebensmittel geschätzt wurden“, sagt Czech, der daran erinnert, dass es im Mittelalter weder Tee noch Kaffee gab und auch sauberes Wasser rar war: „Über fast 500 Jahre hinweg war das Bierbrauen einer der wichtigsten, wenn nicht gar der wichtigste Gewerbezweig in der Stadt, was nicht nur am Eigenverbrauch lag, sondern auch am Export.“ Bis nach Nowgorod, Brügge, London und sogar bis Island lieferte Hamburg sein Bier, das in Holzfässern transportiert wurde, den Containern der damaligen Zeit.

Dass sich das Bierbrauen in Hamburg sogar ganz unmittelbar auf das Stadtbild auswirkte, zeigt der Alstersee, der erst durch das Aufstauen des Flüsschens 1195 und 1235 entstand. Das war notwendig, um Kornmühlen zu betreiben, in denen nicht nur Getreide für das Brot gemahlen, sondern auch zu Malz geschrotet wurde, was für den Brauvorgang unentbehrlich war. Erst als sich im 17. Jahrhundert mit dem Aufkommen von Tee und Kaffee ein Wandel der Trinkgewohnheiten abzeichnete, verlor das Bier seine beherrschende Bedeutung für die Wirtschaft der Stadt.

Eigens für die Ausstellung wird es übrigens ein „Störtebeker-Bier“ geben, das Hans-Jörg Czech vorab getestet hat. Und wie findet der Museumsdirektor dieses exklusive Bier? „Es schmeckt hervorragend, zumal hier eine alte Hamburger Brautradition auf zeitgemäße Weise wieder belebt wird.“

Matthias Gretzschel