Glinde. Heruntergekommener Pavillon am Marktplatz sorgt für Diskussionen. Sanieren oder abreißen und das Grundstück verkaufen?

Auf dem Glinder Marktplatz tummeln sich täglich viele Bürger. Denn hier im Stadtkern gibt es ausreichend viele Parkplätze, ein Stückchen Grün zum Verweilen, das Rathaus, das Marcellin-Verbe-Haus sowie mehrere Geschäftshäuser. Doch seit rund fünf Monaten hat der Markplatz auch einen Schandfleck, an dem sich viele Glinder stören: den sogenannten Mehrzweckpavillon. Die aus den 70er-Jahren stammende Immobilie gehört der Stadt. Sie ist mit Sperrholz verbarrikadiert, die Glasscheiben der Schaukästen sind zersprungen und die Wände mit Graffitis verschmiert. Die Verwaltung wurde von der Politik beauftragt, ein Konzept für die Stadtmitte und den Marktplatz zu erarbeiten, um eine Lösung für das leerstehende Gebäude zu präsentieren. Das Abendblatt hat nachgefragt, was sich Politiker und Bürger für ein Innenstadtkonzept wünschen – und wie es mit dem Pavillon weitergehen soll.

Mit langsamen Schritten schiebt Diana Höft den Kinderwagen am Mehrzweckpavillon vorbei, sie schaut sich wehmütig das leerstehende Gebäude an. Dann sagt sie: „Bis vor Kurzem gab es hier noch eine Reinigung und die alte Kneipe ,Zur Pfanne’. Doch die Mietverträge wurden nicht verlängert.“ Jedes Mal, wenn sie nun hier vorbeilaufe, sei sie ein wenig bedrückt. „Kein schöner Anblick, mitten in der Stadt solch ein heruntergekommenes Gebäude.“ Die 35-Jährige möchte auf jeden Fall nicht, dass das Gebäude abgerissen wird und ein Wohnblock entsteht. „Davon haben wir in Glinde schon genug.“ Eine neue Kneipe dort würde sie sehr begrüßen, denn die fehle nun.

Pächter mussten Gebäude am 31. März verlassen

Momentan ist im Keller des Mehrzweckpavillons noch die Kleiderkammer des Glinder Flüchtlingshilfevereins untergebracht. Die Helfer müssen keine Miete an die Stadt zahlen. Die zwei Räume mit ihren insgesamt rund 20 Quadratmetern sind allerdings alles andere als einladend. Im grauen Fliesenboden sind Löcher, an der Decke hängen Rohre, die nicht verschalt sind. Die Mietverträge für die beiden Pächter im Erdgeschoss liefen zum 31. März aus und wurden von der Stadt nicht verlängert. Bürgermeister Rainhard Zug sagte vor einiger Zeit zum Abendblatt: „Bei einer Vertragsverlängerung hätten wir das Gebäude sanieren müssen, wären mit 300.000 Euro dabei gewesen.“ Die Verwaltung hatte sich schon vor einigen Jahren für den Abriss des sanierungsbedürftigen Gebäudes und einen Verkauf des Grundstücks starkgemacht, überzeugen konnte Bürgermeister Zug die Politiker allerdings davon nicht.

Nora Thiele (81) und Erich Kobs (82) wollen, dass das Pavillon abgerissen wird
Nora Thiele (81) und Erich Kobs (82) wollen, dass das Pavillon abgerissen wird © HA | Isabella Sauer

SPD-Fraktionschef Frank Lauterbach sagt: „Wir warten erst auf ein Stadtentwicklungskonzept der Verwaltung.“ Darin eingebettet solle dann ein Vorschlag für den Mehrzweckpavillon sein. „Es ist nicht in unserem Sinne, dass eine schnelle Insellösung umgesetzt wird“, so Lauterbach. Damit meint der Sozialdemokrat, dass das Grundstück an einen privaten Investor verkauft wird, um dort beispielsweise ein Bürogebäude zu errichten. Lauterbach befürworte eine soziale Einrichtung im Mehrzeckpavillon. „Oder ein Teil der Volkshochschule zieht ein oder die Stadtbibliothek“, so der Kommunalpolitiker.

Zuletzt in den 90er-Jahren in das Gebäude investiert

Glinde hatte zuletzt in den 90er-Jahren in das marode Gebäude, das 131 Quadratmeter groß ist, investiert. 2005 wurden die öffentlichen WC-Anlagen im Keller geschlossen. Der Anblick ist nicht schön, viele Bürger sind bedrückt. So auch Nora Thiele (81) und Erich Kobs (82), die seit 30 Jahren in Glinde leben. Fast täglich gehen die beiden an dem Pavillon vorbei. Thiele sagt: „Das Gebäude sollte abgerissen werden.“ Das sieht Kobs auch so: „Ich möchte gar nicht wissen, wie furchtbar es darin aussieht.“ Das Paar könnte sich einen Neubau vorstellen, in dem ein Treffpunkt für alle Glinder geschaffen wird. „Vielleicht ein neues Café “, sagt Kobs.

Die Schaukästen und verschiedene Automaten sind teilweise kaputt und in einem schlechten Zustand
Die Schaukästen und verschiedene Automaten sind teilweise kaputt und in einem schlechten Zustand © HA | Isabella Sauer

Auch der CDU-Fraktionsvorsitzende Rainer Neumann ist mit der momentanen Situation unzufrieden. Er sagt: „Die Stadt hätte mit geringen Aufwand etwas tun sollen, dann hätten die alten Mieter noch ein Jahr bleiben können.“ Das wäre besser gewesen als der jetzige Anblick. „Das ist für Glinde ein richtiger Schandfleck in der Stadtmitte“, ärgert er sich. Laut Einschätzung des Bauamtes sei eine Sanierung des Gebäudes nicht wirtschaftlich. Deswegen müsse es aus Sicht von Neumann abgerissen werden. Sein Vorschlag: ein Neubau mit kombinierter Nutzung. „Im Erdgeschoss könnte etwas für die Allgemeinheit entstehen“, so der Politiker.

Für erstes Planungskonzept 30.000 Euro notwendig

Jan Schwartz von den Grünen sagt: „Im Prinzip ist der Mehrzweckpavillon abrissbereit, er kann nicht wiederbelebt werden.“ Für die Menschen in Glinde habe der Pavillon einen hohen Stellenwert, ähnlich wie die Suksche Kate. Für die Grünen stehe fest, dass sie keine Westendbebauung der Innenstadt haben möchten. „Deswegen lehnen wir auch ein Leuchtturmprojekt ab“, so Schwartz. Die Bäume und die Parkplätze sollen an diesem Fleck auf jeden Fall bleiben. „Wir fordern ein Innenstadtkonzept, in dem auch über den Mehrzweckpavillon nachgedacht wird.“ Ferner sei es der Partei wichtig, dass die Bürger bei der Erstellung eines Konzeptes mit einbezogen werden.

Der Bauamtsleiter der Stadt Glinde, Frank Thiemann, sagte zu der Thematik: „Um ein erstes Brainstorming für solch ein Innenstadtkonzept machen zu können, brauchen wir Geld.“ Die angedachten 30.000 Euro seien von den Politikern aus dem Haushalt gestrichen worden. „Nun müssen wir abwarten, dass wir im neuen Haushalt Geld dafür bekommen“, so Thiemann. Was genau die Stadt beziehungsweise welche Idee Bürgermeister Zug mit dem Mehrzweckpavillon vor hat, wollte Thiemann nicht sagen. Für ihn persönlich stehe aber fest, dass der momentane Anblick nicht schön ist.