200-Quadratmeter-Suiten, Butler und eigene Sonnenschirmträger: von einem Hotel, das manche Paradies nennen mögen

Sind Sie noch in Urlaubsstimmung? Zu den Vorteilen der Redakteurstätigkeit gehört, dass man ab und zu – viel zu selten – eine Pressereise gewinnt. Oft geht es um Regionen, die im internationalen Tourismus noch keinen herausragenden Platz einnehmen, etwa die niederösterreichischen Kalkalpen oder Nordzypern. Nur selten dagegen hat man die Gelegenheit, ein fernes Luxushotel zu testen, dessen Zielgruppe nicht in erster Linie Europäer sind, sondern reiche Russen, reiche Chinesen und reiche Japaner. Was bedeutet dieser Klientel eigentlich „Luxus“? In erster Linie persönliche Vollversorgung durch allzeit bereites Personal. Und das kostet in Asien nicht viel.

Das Hotel auf einer indonesischen Insel war drei Jahre alt und umfasste mit allen Gebäuden ungefähr drei Fußballfelder. Als Erstes ging ich zum Strand. Der Norddeutsche ist ja mit Salz, Sand, Tang und Quallen bestens vertraut und sieht im Meer eine sportliche Erfrischung. Eine für den russisch-pazifischen Luxustouristen völlig abwegige Einstellung: Er verlangt nach klimatisierten Süßwasserpools. An dem menschenleeren Strand wachten Security-Männer im Abstand von je sechs Metern, die sich in schwarzen Uniformen totschwitzten. Das Meer war flach, warm und brütete uninteressant vor sich hin. Es diente hier nur dem Dekor.

Das Hotel unter Leitung einer kunstsinnigen Chinesin prunkte mit modernen Gemälden, interessanten Treibholzinstallationen und venezianischen Kronleuchtern. Dem Luxustouristen stand eine riesige Pool- und Lagunenlandschaft zur Verfügung, Krafträume, Tennis-Court, Boutiquen und mehrere Restaurants, in denen italienische Pasta, französisches Bœuf Stroganoff, Pekingente oder Burger von ganzen Küchen-Mannschaften frisch zubereitet wurden. Das Gast-Personal-Verhältnis betrug 1:3. Vor jeder Rezeption, jeder Restauranttür, jedem Pool stand ein Rudel freundlich grinsender Angestellter, die uns ständig grüßten und nach dem Befinden fragten.

Morgens machte ich mit älteren Russen, zierlichen Chinesinnen und ein paar volltätowierten Australiern im Ocean Pool Wassergymnastik. Das Wasser war noch wärmer als das Meer. Die japanischen Luxustouristen erkannten wir daran, dass ihnen beim Gang durch die gepflegten Gärten stets ein Angestellter mit einem Sonnenschirm folgte. Nachmittags begegneten wir im Luxus-Spa ein paar dicken Oligarchen, die sich bei Anwendungen namens „Sun Lovers Delight“ oder „Ocean Healing Pearl“ von winzigen Asiatinnen mit Meeresalgenpeeling und Massagen verwöhnen ließen. Beim Herauskommen wurden wir wieder vielstimmig begrüßt und gefragt, ob wir die drei Schritte zum Hotel im Elektromobil fahren wollten.

Eine Angestellte zeigte uns die Suiten für die Superreichen. Sie waren etwa 200 Quadratmeter groß mit Bibliothek, eigener Küche samt Koch, eigenem Pool, eigenem Jacuzzi auf der Terrasse und eigenem Butler. Ich hatte mich beim Fotografieren etwas von der Gruppe absentiert und stand plötzlich vor einem Pool, in dem ein einzelner Mann badete. Nacken und Arme dicht bepelzt, um den Hals eine Goldkette von der Dicke eines Kinderarms. Auf einmal winkte er und rief etwas auf Russisch. Ich gebe zu, in dem Moment erwachte in mir etwas wie Nationaltrotz. Wir waren ja nun beide Tausende Kilometer von der Heimat entfernt, da konnte er nicht gut Russisch einfordern. Ich winkte also würdevoll zurück und rief auf Deutsch „Schönes Wetter heute!“, um höflich zu sein. Er schwieg verblüfft. In dem Moment kam eine Frau in einem Designer-Bikini dazu, die offenkundig sehr viel Geld in ihren Oberkörper investiert hatte, und warf mir aus botoxgestützten Augen tödliche Blicke zu. Ich beschloss, mich lieber um einen der künstlichen Wasserfälle nebenan zu kümmern.

Am letzten Tag brachen ein Kollege und ich aus dem Luxusgehege aus. Wir enterten ein Taxi, fuhren durch Dörfer, besuchten drei Tempel, einen echten Wasserfall mit Affenfelsen und eine Textilfabrik und tranken dann Tee über einer Reisterrasse. Allmählich senkte sich asiatische Ruhe über uns. Das Hotel war keine 20 Kilometer entfernt, aber es lag in einem anderen Land.