Die schwierige Suche nach einem passenden Geschenk für die fünf Jahre alte Tochter

In drei Wochen hat die Fünfjährige Geburtstag. Ich bin zu allem bereit: Plastikpistolen, Taschenmesser, Playmobil-Prinzessinenschlösser, meinetwegen sogar rosa Schminkköpfe. Als Eltern macht man ja im Laufe der ersten Kinderjahre diese seltsame Metamorphose durch. Von pflanzlich gegerbten Lederschuhen zu Crocs, von Bodys mit Wolle aus ökologischer Tierhaltung zu Kleidern von Zara und H&M, von unbehandeltem Holzspielzeug zu Lillifee, von „Wir Kinder aus Bullerbü“-Büchern zu Sternenschweif-CDs.

Ich fragte, was sie sich wünscht. Sie antwortete wie jedes Jahr: „Ein eigenes Pony!“ Ich: „Und außer dem Pony, das es ja nicht geben wird ...?“ Tochter: „Einen Hund!“ „Ich meinte etwas zum Spielen ...“ Tochter: „Dann etwas, was man mit einem Pony oder Hund spielen kann.“ Ich: „Und sonst?“ Tochter: „Gar nichts. Ich brauche nichts, ich hab’ alles. Ich wünsche mir so sehr einen Hund.“

Derart emotional erpresst machte ich mich auf in ein Spielzeuggeschäft. Lego? Findet sie blöd. Playmobil? Langweilig. Puppen? Sind für Babys. Das ist Konsumterror andersrum. Stofftiere? „Oh ja, Mama. Ein riesiges Stoffpferd, bei dem man am Bauch einen Schalter drücken kann, dann läuft es durch die Wohnung.“ „So was gibt es nicht.“ Tochter: „Dann müssen wir das erfinden!“ Ich kaufe sehr gerne ein, und neige ein wenig dazu, die Kinder zu Geburtstagen, Weihnachten und überhaupt zu überhäufen.

Der Vater dagegen neigt zu protestantischer Kargheit. Meist löse ich das Problem so, dass ich noch ein paar Geschenke auf die Gaben­tische stelle, die der Vater noch nie gesehen hat. Das ist dann auch für ihn eine Überraschung. Zu viele Geschenke verderben die Kinder? Die Fünfjährige ist der beste Gegenbeweis. Sie hasst es einzukaufen; ihr ist egal, was sie anzieht. Ihr Leitspruch: „Es geht aber nicht um Hübschheit, sondern um Gutheit.“ Bringe ich ihr ein Kleid mit, für das andere Fünfjährige töten würden, schaut sie kurz auf und sagt abwesend: „Schön ...“ Ich: „???!!!!“ Sie: „Toll, Mama, ganz toll, das ist wunderschööööööön.“ Dann tätschelt sie meinen Arm und malt weiter. Klarer Fall, das Kind rebelliert gegen die Mutter. Es ist in der Vorpubertät.

Dabei ist es nicht so, dass sie nicht spielt. Ihr Zimmer ist eine einzige Höhle, gebaut aus allen Decken des Hauses, Stühlen, Büchern, Matratzen. Sie rennt und turnt und malt und knetet. Sie ist eben nur genügsam wie ein Islandpony.

Neuerdings ist die Fünfjährige Vegetarierin. Es war bei einer Burgerkette – auch Teil der Elternmetamorphose – vor dem Bestelltresen. Plötzlich rief sie: „Ich will kein Fleisch, dafür werden Tiere getötet!“ Das war vor zwei Wochen, seitdem hat sie keinen Bissen Fleisch mehr angerührt. Es hatte sich schon vorher angedeutet. In den letzten Wochen hat sie immer wieder Fragen in die Richtung gestellt. „War das Tier krank?“ Ich: „Nö, wieso?“ Sie: „Na, weil es doch gestorben ist.“ Irgendwann hat sie dann eins und eins zusammengezählt. „Ich glaube, die töten die Tiere nur, damit sie Geld verdienen!“

Ich hatte damit gerechnet, allerdings erst in fünf Jahren. Jetzt steigert sie sich ein bisschen in ihren Neo-Vegetarismus hinein: „Ich kann mir nicht die Zähne putzen, die Zahnpasta schmeckt nach Fleisch, igitt.“ Ihr kleiner Bruder sitzt derweil vor den Reis-Gemüsepfannen und sagt sehr bestimmt: „Ich mag aber Fleisch.“ Ich auch! Jetzt gibt es eben wieder auch Fleisch zu Hause.
Darüber wird auch unser neuer Hund sehr froh sein.