Luhmühlen. Bei den Mounted-Games-Europameisterschaften in Luhmühlen gewinnt das deutsche Team Bronze in der offenen Klasse

Mounted-Games-Europameisterschaften 2016 in Luhmühlen. Nun gut, man hat sich vor dem Besuch etwas schlau gemacht. „Mounted Games“, sind berittene Spiele, besser mit Reiterspiele übersetzt. Einst von der britischen Kavallerie in Indien entwickelt, um Pferde und Reiter schnell und beweglich für den Einsatz zu halten. Das ist lange her. Heute sind es vor allem junge Mädchen und einige Jungen, die sich auf schnellen Ponys an Slalomstangen vorbei winden. Soweit die Erwartungen des neugierigen, aber unerfahrenen Besuchers.

Und dann kommt man auf den vertrauten Turnierplatz in Luhmühlen und kommt sich vor wie in einem vor Fröhlichkeit und Ausgelassenheit überschäumenden Tollhaus. Fahnen, überall Fahnen. Lachende Gesichter in Nationalfarben angemalt. Sie singen und schreien, springen auf und schwenken Fahnen.

„Jetzt beginnt das Mannschaftsfinale in der offenen Klasse“, versucht Jana Radtke, die junge Expertin aus dem Organisationsteam, sich Gehör zu verschaffen. „Auf dem Turnierplatz sind die sechs besten Teams. In zwölf Spielen, also unterschiedlichen Aufgaben, werden sie gegeneinander reiten.“ Im weißen Sand des großen Turnierplatzes sind in sechs Reihen jeweils fünf Slalomstangen gesteckt. Am Kopf des Geländes markieren zwei blaue Linien das Startfeld. „Deutschland! Deutschland!“, schallt es von den obersten Rängen der Tribüne. Etwas weiter unten springen vier aufgeregte Mütter hoch und halten mit ihren irischen Fahnen dagegen.

Der erste Start geht fast im Getöse unter. Sechs Reiter, tief über den Hals ihrer Pferde gebeugt, jagen über die blauen Linien, umkurven die erste, die zweite, die dritte Slalomstange, drehen um, galoppieren im Slalom zurück. Ihr Tempo lässt einen den Atem anhalten. Der erste Reiter schießt, den Arm mit dem Wechselstab weit nach vorn gestreckt, ins Feld mit den blauen Linien. In genauso hohem Tempo jagt ihm der nächste Reiter mit ausgestreckter Hand entgegen. Allein der Wechsel bei so rasantem Tempo ist extrem faszinierend.

„Wer den Stab fallen lässt, muss vom Pferd und ihn aufheben“, erläutert Jana Radtke, die junge Frau aus Tötensen, die ihren Einzelwettkampfe schon hinter sich hat. „Auch wer eine Stange umreißt, muss sie wieder aufstellen. Fehler müssen sofort korrigiert werden. Du liegst in Führung, machst einen Fehler und bist plötzlich Letzter. Das macht es so dramatisch.“

Im Programmheft zur elften Europameisterschaft mit Teilnehmern aus zwölf Nationen wird versprochen: „Das Spannendste, was der Reitsport zu bieten hat.“ Auch das Lauteste und Fröhlichste, könnte man hinzufügen. Es ist nicht nur die Jugend, die beim offenen Teamwettbewerb im Sattel sitzt. „Der Älteste, ein Engländer, ist über 40“, ruft Jana Radtke, „a+uch die Franzosen sind meistens Männer über 30.“

„Two Flag“, heißt das neue Spiel. Am Ende der Linie stecken kleine Fähnchen in Blau und Rot und Gelb. Die schnappt sich der Reiter aus dem Sattel, galoppiert zurück und muss sie, ebenfalls vom Sattel aus, in ein kurzes Rohr stecken. Das gelingt nur, wenn das Pony sehr ruhig dabei steht.

„Unsere Pferde müssen auch dressurmäßig sehr gut ausgebildet sein“, erläutert Jana Radtke, die aus der Mounted-Games-Gruppe des Reit- und Fahrvereins Nordheide in Jesteburg übrig geblieben ist und inzwischen mit ihren Ponys Sally und Cooper im Team Moordorf (Kreis Rotenburg/Wümme) trainiert. In diesem Team sind auch die Töchter von Heiko Voss aktiv, der als Turnierleiter und Vorsitzender des Verbandes für Reiterspiele Mounted Games Deutschland eine arbeitsreiche, aber auch glückliche Woche in Luhmühlen hinter sich hat. Über die Westergellerser Heide erschallt ein frenetisches „Jaaaa!“ Der deutsche Reiter hat schnell und präzise das gelbe Fähnchen eingesteckt.

„Die Engländer sind die klaren Favoriten, die Franzosen die amtierenden Weltmeister“, erzählt Jana Radtke. Einzelweltmeister Widukind Moormann kann wegen einer Verletzung nicht am Teamwettkampf teilnehmen. Als Bundes­trainer gibt er letzte Anweisungen. „Als Gastgeber wäre es schon toll, wenn wir aufs Treppchen kämen“, hatte Heiko Voss die Hoffnung vorgegeben.

Den ersten Teil des Finales beendeten Deutschlands Mounted Gamer hinter den englischen Favoriten als Zweite. Im zweiten Durchgang wurden sie noch von Weltmeister Frankreich auf Platz drei verdrängt. Bei den Teamwettkämpfen der U17 war Deutschland Sechster geworden, bei der U14 Siebter und bei der U12 Fünfter.

Eine Woche lang war Luhmühlen Europas Mittelpunkt für Reiter mit den schnellen und wendigen Ponys. Die EM klang mit einem Galaabend im Festzelt für 1000 Gäste aus. „Mit dieser tollen Europameisterschaft in Luhmühlen“, verspricht Turnierchef Heiko Voss, „werden wir unseren Sport in Deutschland weiter populär machen.“