Die Serie „Lokalrunde“ stellt die schönsten Ziele der Region vor. Alle Wanderungen, die unsere Mitarbeiterin Martina Berliner für Sie testet, enden an ihrem Ausgangspunkt – und mindestens ein Restaurant liegt auch am Wegesrand. Heute geht’s von Bötersheim an der Este flussauf und über Drestedt zurück

Bötersheim ist ein 150-Einwohner-Dorf, das versteckt im Wald an der Este liegt. Hier gibt es kaum Verkehr, keine Hektik, keinen Lärm. In der Stille ist nur das Rauschen des Wassers, das Klopfen des Spechts und gelegentliches Hämmern aus der 360 Jahre alten Schmiede zu hören. Idylle pur bietet auch der Oberlauf des Heidebachs, der sich Richtung Hollenstedt in Schleifen durch dichten Wald und saftige Wiesen windet.

Wir starten am Ortseingang. Gleich hinter dem Ortsschild rechts liegt Gut Bötersheim. Einen starken Kontrast zum lang gestreckten Fachwerkhaus bildet das schräg gegenüber stehende ehemalige Herrenhaus: Ein hohes Backsteingebäude aus der Mitte des 19. Jahrhunderts.

Jetzt eröffnet sich die schönste Perspektive des Örtchens: Der Blick auf die alte Wassermühle und den spiegelglatten Mühlenteich. An der folgenden Weggabelung gehen wir rechts in den Esteweg und kommen gleich darauf an einem Krieger- und einem Naturdenkmal vorbei.

Um die „Tausendjährige“ ranken sich Märchen

Hinter dem Gedenkstein für die Gefallenen des ersten Weltkriegs steht der vermutlich älteste Baum des Landkreises Harburg. Eine Eiche, die nach Expertenmeinung 900 Jahre alt sein soll, aber im Volksmund die „Tausendjährige“ genannt wird. Im ausgehöhlten Stamm soll ein Kobold hausen. In dieser Umgebung ist man geneigt, die Mär zu glauben. Nur ein paar Meter weiter erstreckt sich, beschattet von mächtigen Eichen, das Reich von Schmiedemeister Dirk Tietgen und Petra Schmalz, die diplomierte Metallgestalterin und darüber hinaus Gärtnermeisterin ist. Das Paar fertigt mit eigener Hand ausgefallene Rosenbügel, Rankhilfen und Pflanzgefäße für Haus und Garten. Wer Glück hat, kann den Künstlern bei der Anwendung alter Schmiedetechniken zusehen. (Öffnungszeiten: Mittwoch bis Samstag von 11 bis 17 Uhr).

Wo die Estestraße einen rechtwinkligen Knick nach links macht, gehen wir weiter geradeaus in den Wald hinein, folgen der Beschilderung des Esteradwegs. An der nächsten Gabelung halten wir uns wieder rechts. Nun verläuft rechter Hand die Este in einem Erlenbruch, links ragt Wald auf, zu Füßen wachsen üppige Blaubeersträucher. Jenseits der Brücke über die Este teilt sich der Weg. Wer nur einen kleinen Spaziergang von 4,5 Kilometern Länge machen möchte, hält sich hier rechts. Der Weg führt nach Drestedt. (weiterlesen bei *)

Wir gehen links. Der Estewanderweg ist ab hier ein Waldlehrpfad. Tafeln informieren über die heimischen Baumarten. Der schmale Pfad folgt in stetem Auf und Ab dem mäandernden Flusslauf. Es ist eine ziemlich wilde Strecke, man muss schauen, wohin man tritt. Der Weg ist kreuz und quer von Wurzeln durchzogen, mancherorts von umgestürzten Bäumen überlagert oder von Büschen fast zugewuchert. Zuweilen hat der Fluss Steilhänge von beachtlicher Höhe in den Geesthang gewaschen. Immer wieder laden Bänke zum Verweilen ein, die in exponierter Lage schönen Blick über das Wasser und die grüne Aue bieten. An einigen Stellen kann man bequem bis zum Ufer gehen, um die Füße zu kühlen.

Ganz versteckt sprudeltdie Bötersheimer Quelle

An der Hinweistafel, die Informationen über die Este gibt, macht der Weg eine Biegung nach rechts. Ab jetzt ist der Fluss nicht mehr zu sehen, es geht durch Wald. An der nächsten Gabelung steht ein Wegweiser, der anzeigt, dass der Estewanderweg links weiter verläuft. Wir aber halten uns rechts. Bereits von der Gabelung aus ist ein Acker zu sehen. Wir gehen geradeaus, lassen den Acker rechts liegen und haben den Wald zur Linken. Wenn am Horizont das erste Haus von Dierstorf auftaucht und der Sandweg zur Asphaltstraße wird, ist es Zeit, rechts in einen Feldweg abzubiegen, der mit einem gelben Pfeil an einem Baum als Wanderweg markiert ist. Bald kommen wir an eine Kreuzung mit Wegweiser. Wir gehen geradeaus Richtung Drestedt. Nach knapp zwei Kilometern kommen wir im Dorf an.

*) Wir biegen rechts in die Bahnhofstraße ein. Das nahe gelegene Landhaus Drestedt lockt müde Wanderer mit schönem Kaffeegarten sowie Getränken und Speisen, allerdings gibt es keinen Kuchen. Wir folgen der Bahnhofstraße bis zum südlichen Ortsausgang und halten uns rechts Richtung Bötersheim. Die wenig befahrene Landstraße führt hier durch freies Feld. Einmal müssen wir noch einmal links abbiegen, denn die Straße „Estesiedlung“ geradeaus ist eine Sackgasse. Der letzte Straßenabschnitt vor Bötersheim verläuft durch Wald. Kurz vor Überquerung der Brücke über den ersten der beiden Estearme machen wir noch einen Abstecher nach rechts in den Wald. Ganz versteckt sprudelt hier die Bötersheimer Quelle. Manche Menschen schreiben dem Wasser, das eiskalt aus dem Boden quillt, magische Kräfte zu. Einige sollen hier sogar rituelle Waschungen zelebrieren.

In weitaus behaglicherem Rahmen ist Erfrischung im uralten Dorfkrug im Zentrum Bötersheims zu finden. Die Geschichte des Gasthauses lässt sich bis in das Jahr 1614 zurückverfolgen. Drinnen geben Bilder und Urkunden Einblicke in vergangene Zeiten, draußen beschatten alte Eichen den idyllischen Kaffeegarten, wo auch hausgemachte Kuchen und Torten serviert werden.

Hinweis der Autorin: Obwohl der Estewanderweg auch als Radweg ausgeschildert ist, kann man diesen Abschnitt des Weges allenfalls Mountainbike-Fahrern mit Faible für schwierige Off-Road-Strecken empfehlen. Der Durchschnitts-Radler wird mit seinem Drahtesel an Baumwurzeln und hügeligem Gelände scheitern und Schieben macht dort auch wenig Spaß.