Berlin.

Nizza, München, Ansbach – die Informationen über Terroranschläge und Amokläufe prasseln seit Tagen auch auf Kinder ein. Speziell für sie gemachte Nachrichten können Eltern helfen, schwierige und beängstigende Themen zu bearbeiten. Deren Macher stehen vor einer riesigen Herausforderung: Sie dürfen Jungen und Mädchen mit Worten und Bildern nicht überfordern. Der Redaktionsleiter der Kika-Kindernachrichten Logo, Markus Mörchen, gibt Einblicke in den Arbeitsalltag.

Warum berichten Kindernachrichten über Terror und Amokläufe?

Grundsätzlich gelte: Es gibt keine Tabuthemen. Markus Mörchen zufolge schnappen Kinder viele Dinge auf, die an Tagen eines Terroranschlags oder Amoklaufs passieren. Videos im Internet, ein Foto in einer Zeitung, Gespräche mit den Klassenkameraden. „Wichtig ist, dass wir die ungefilterten Nachrichten einordnen und die Kinder mit ihren Emotionen nicht allein lassen. Sie sollen durch die Nachrichten Sicherheit gewinnen“, so Mörchen. „Wichtig ist auch, dass wir sagen, dass so etwas sehr selten passiert und dass die Wahrscheinlichkeit, dass es gerade mich trifft, nicht sehr hoch ist.“ Je mehr relevante Informationen Kinder erhielten, desto besser könnten sie mit ihren Emotionen umgehen.

Wie wird berichtet?

Die Redaktion gehe vorsichtig mit der Berichterstattung über Terror und Amokläufe um. Und sie lasse sich Zeit. Logo betreibe grundsätzlich keinen Live-Journalismus. „Für uns ist es wichtig, erst einmal die Dinge auszuwählen, über die wir berichten wollen“, sagt Mörchen. Über den Amoklauf in München etwa berichtete Logo nicht in der Abendsendung am Tag des Geschehens, sondern einen Tag später. „Wir wollten die Kinder nicht verunsichern. Zum Zeitpunkt der Sendung war noch nichts klar. Es hätte auch eine Beziehungstat sein können.“ Als die Redaktion dann berichtete, informierte sie über die Motive des Täters, sprach über die Funktion des Spezialeinsatzkommandos und interviewte beispielsweise einen Schüler, der in München lebt.

Was ist das Besondere an Nachrichten für Kinder?

Hauptzielgruppe von Logo sind Kinder im Altern zwischen acht und zwölf. Zwar erreicht das Format auch Jüngere, in dem Fall ist es laut Mörchen wichtig, dass Eltern mit zuschauen, um Fragen beantworten zu können.

Bei einem Terroranschlag oder Amoklauf schildern die Reporter nicht den genauen Tathergang. „Kinder wollen zwar alle Details wissen, aber sie können nicht filtern“, erklärt Mörchen. „Sobald sie Details erfahren, kriegen sie sie nicht mehr aus dem Kopf.“ Aus diesem Grund zeige die Sendung auch nur sehr allgemeine Bilder und weder Blut noch Verletzte. Besonders wichtig in der Berichterstattung sei es, Hintergründe und Folgen zu schildern. So könnten Kinder das Geschehen einordnen und hätten weniger Angst. „Wir erklären genau, was Kinder machen können, wenn sie Angst haben“, sagt Mörchen. Um Kindern Tipps zu geben, führte Logo ein Interview mit einer Psychologin. Generell arbeitet die Redaktion zur Einschätzung von Nachrichten regelmäßig mit Psychologen zusammen.

Gibt es Reaktionen von Kindern auf die Berichterstattung?

Bei Terroranschlägen oder einem Amoklauf wie in München erhält die Redaktion Hunderte E-Mails von Kindern. „Wir beantworten alle Fragen, häufig auch gemeinsam mit einer Kinderpsychologin, denn auch wir brauchen Beratung“, sagt Mörchen. Zwar übernehme Logo nicht die Rolle der Eltern oder Lehrer, Wissensfragen könne die Redaktion aber ausführlich beantworten. Am wichtigsten sei jedoch, „dass Eltern die Unsicherheit der Kinder ernst nehmen, dem Nachwuchs zuhören und ehrlich sind“.

Was ist das richtige Alter für die
„Tagesschau“?

Manche Sechsjährige kämen etwa mit Informationen über Gewalt klar, manche Zehnjährige wiederum nicht, so Mörchens Erfahrung. Aus diesem Grund müssten Eltern selber einschätzen, was das Kind sehen darf und was nicht. Die vom Bundesfamilienministerium unterstützte Initiative „Schau hin, was dein Kind mit Medien macht“ sagt: „Jüngere Kinder bis etwa zehn Jahre sind noch nicht in der Lage, Nachrichten für Erwachsene zu verstehen und zu verarbeiten.“

Gibt es eine Empfehlung für kindgerechte Nachrichtensendungen?

Die Initiative „Schau hin“ empfiehlt: Logo (www.tivi.de), Neuneinhalb (www.neuneinhalb.wdr.de), den Kinderradiokanal (www.kiraka.de) oder Infoseiten im Netz wie www.hanisauland.de oder www.sowieso.de