In seiner bitterbösen Komödie „Wiener Dog“ schickt Regisseur Todd Solondz eine Hundedame durch die US-Vorstadthölle

Diese Dackeldame ist wirklich ein armes Würstchen. Nicht nur weil ihre Rasse in den USA Wiener Dog genannt wird. Regisseur Todd Solondz schickt in seiner bitterbösen Komödie die Hündin mit den traurigen Augen durch die amerikanische Vorstadthölle, wo sie in vier Episoden in die alltäglichen Abgründe ihrer skurrilen Außenseiterfiguren blicken muss.

Für den Zuschauer wirkt hier das Prinzip Autounfall: Das Szenario ist so schrecklich, dass man einfach nicht wegschauen kann. Die Vierbeinerin selbst lässt den Anblick dieser tragischen Existenzen mit ebenso stoischer Ruhe über sich ergehen wie die abartigen Namen, die sich ihre Teilzeitherrchen und –frauchen für sie ausdenken. Mal heißt sie einfach Wiener Dog, weil dem hochsensiblen Jungen bei seinem neuen Spielgefährten nichts Besseres einfällt. Oder Kacka, wie die verkorkste Tierarzthelferin (Greta Gerwig) das arme Tier nennt. Die zynische Großmutter (Ellen Burstyn, siehe Kasten) nennt sie Krebs, weil wir eh alle sterben müssen. Und der frustrierte Filmprofessor (Danny DeVito) missbraucht das Tier gar als wandelnde Zeitbombe. Der Dackel ist das Bindeglied dieser Menschenschicksale, die nichts gemeinsam haben außer ihrer Verzweiflung und der Unfähigkeit, ihr Leben zu meistern. Wirklich sympathisch ist hier niemand.

Was Solondz’ Filme so besonders machen, ist sein jüdischer Ostküstenhumor, der sehr viel fieser ist als der von Woody Allen. Meisterhaft spielt er in der Grauzone zwischen Depression, Fremdschämen und Sarkasmus, bei dem einem das Lachen nicht selten im Halse stecken bleibt.

Solondz ist das exzentrische Unikum des unabhängigen US-Kinos, das hat er schon mit seinem Meisterwerk „Happiness“ bewiesen. Gerade weil seine Filme so souverän den Graben zwischen Komik und Tragik überwinden. Was bei ihm konstruiert wirkt, ist am Ende näher an unseren Leben, als wir wahrhaben wollen. Lachen hilft, die Diskrepanz auszuhalten.

„Wiener Dog“ USA 2016, 88 Min., ab 12 J.,
R: Todd Solondz, D: Ellen Burstyn, Kieran Culkin, Julie Delpy, Danny DeVito, Greta Gerwig, täglich im Abaton, Studio, Zeise; www.wiener-dog.de