München . Nach dem Amoklauf eines 18-Jährigen, der neun Menschen erschoss und sich dann selbst tötete, fragen viele nach dem Motiv. Fest steht: Er plante die Tat seit einem Jahr, besorgte sich die Pistole im „dunklen Internet“ und besuchte die Tatorte des Massenmords von Winnenden

Der Amoklauf von München hat weltweit Bestürzung ausgelöst. Als Zeichen der Solidarität wurde in der Nacht zum Sonntag der Pariser Eiffelturm schwarz-rot-golden angestrahlt. US-Präsident Barack Obama, Russlands Präsident Wladimir Putin und auch die iranische Regierung sprachen den Angehörigen der Opfer ihr Mitgefühl aus. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach von einer Nacht des Schreckens: „So ein Abend, so eine Nacht sind schwer zu ertragen.“

Am Freitagabend hatte der 18 Jahre alte Deutschiraner David S. neun Menschen, meist Jugendliche, und anschließend sich selbst erschossen. 35 Menschen wurden verletzt, drei Menschen schwebten gestern noch in Lebensgefahr. Bis weit nach Mitternacht herrschte Großalarm in München. Auch eine Feldjäger-Einheit der Bundeswehr wurde in Bereitschaft versetzt. Unklar war lange, ob es sich um einen Terrorakt handelte.

Nach neuen Erkenntnissen der Münchner Polizei hatte der junge Mann seine Tat ein Jahr lang vorbereitet. Er informierte sich in Büchern über das Phänomen Amok, verfasste wie der rechtsradikale norwegische Massenmörder Anders Behring Breivik ein Manifest und reiste sogar nach Winnenden, wo ein 17-Jähriger vor sieben Jahren 15 Menschen getötet hatte. Einen politischen Hintergrund schlossen die Ermittler aus. Nach ihren Angaben litt der Schüler unter „sozialen Phobien“ und Depressionen, war zwei Monate in stationärer, später in ambulanter Behandlung. Der letzte ärztliche Kontakt datiert vom Juni. In seiner Wohnung wurden auch Medikamente gefunden.

Seine Pistole besorgte sich David S. im „Darknet“, einem anonymen Bereich des Internets. Auf Facebook kündigte er an, er wolle bei McDonald’s am Olympiapark eine Runde spendieren. Offenbar wollte er so Menschen dorthin locken. Doch keiner dieser Facebook-Bekannten kam zu Tode.

Die Bluttat löste eine Debatte über schärfere Sicherheitsmaßnahmen aus. Unions-Politiker forderten mehr Videoüberwachung. Im Abendblatt-Interview sprach sich Innenminister Thomas de Maizière (CDU) dafür aus, in besonders gefährlichen Situationen auch die Bundeswehr im Inland einzusetzen. Dies erlaube auch das Verfassungsgericht. Zugleich mahnte de Maizière einen verantwortungsvolleren Umgang mit gewaltverherrlichenden Computerspielen an. Der Täter von München habe sich „intensiv mit solchen Spielen beschäftigt“, sagte er.

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