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Die Verwüstungen waren verheerend – Dutzende Verletzte, mehrere Tote, zerstörte Autos, Häuser, Straßen, Dörfer. Verzweifelt kämpften die Menschen gegen Geröll- und Schlammlawinen an.

Weite Teile Deutschlands sind in den vergangenen Wochen von extremen Unwettern heimgesucht worden. Von Ende Mai bis Mitte Juni musste der Deutsche Wetterdienst (DWD) etwa 3000 Unwetterwarnungen herausgeben. „Noch nie haben Unwetter mit heftigen Regenfällen innerhalb so kurzer Zeit so hohe Schäden verursacht“, teilt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft mit. Allein für den Zeitraum 27. Mai bis 9. Juni verzeichnete er Schäden von etwa 1,2 Milliarden Euro.

Im Juni hatten Unwetter auch Hamburg schwer erwischt. Am 7. hinterließ ein Tornado im Osten eine Schneise der Zerstörung, Tage später musste die Feuerwehr nach starken Regenfällen zu über 200 witterungsbedingten Einsätzen in den Stadtteilen Rotherbaum, Altona-Nord und Eimsbüttel ausrücken. Keller liefen voll, Straßen und die Autobahn wurden überschwemmt.

Um die Vorhersagen solcher Unwetter deutlich zu verbessern, hat der vom Bund getragene Wetterdienst fünf Jahre lang sein Warnsystem überarbeitet. Am Donnerstag stellte er die Ergebnisse vor. „Wir sind damit auf dem Stand des technisch-wissenschaftlich Möglichen, auch im internationalen Vergleich“, erklärte DWD-Präsident Gerhard Adrian. Bürger, Katastrophenschützer, Rettungs- und Hilfskräfte „werden dauerhaft davon profitieren“.

Zuvor waren der Deutsche Wetterdienst, aber auch die Rundfunk- und Fernsehanstalten angesichts der Sommerunwetter in die Kritik geraten. Zu ungenau, zu langsam sollten sie gewarnt haben. Tatsächlich aber registrierten die Meteorologen in jenen Wochen sehr viele, sehr lokal auftretende Unwetter. Während Bewohner und Einsatzkräfte in der einen Gemeinde mit den Wassermassen kämpften, blieb es wenige Kilometer entfernt trocken. „Diese sehr lokalen Unwetter haben nochmals verdeutlicht: Unser Warnsystem muss angepasst werden“, sagte Hans-Joachim Koppert, Leiter der Wettervorhersage beim DWD.

Das neue System ist eine Weiterentwicklung des Status Quo seit 2003. Damals führte der DWD erstmals Warnungen für 400 Landkreise ein. Da diese aber relativ groß sind, kam es oft zu vermeintlichen Fehlmeldungen, weil nur Teile der Kreise von Unwettern betroffen waren.

Mehr Daten, stärkere Rechner

Ab sofort sind feinere Vorhersagen für einzelne Gemeinden oder Stadtteile und Bezirke in Großstädten wie Hamburg möglich. Statt 400 werden jetzt 10.000 Warngebiete angezeigt. Basis dafür sind eine größere Anzahl von Daten, verbesserte Vorhersagemodelle und ein leistungsstärkeres Rechenzentrum. Besonders wichtig ist der neue „meteorologische Zoom“ laut DWD bei kleinräumigen Wettergefahren wie Gewittern und Starkregen mit den oft folgenreichen Sturzfluten.

Die neuen Gemeindewarnungen fügen sich dabei in das bestehenden Drei-Stufen-System ein: Fünf Tage vor einer möglichen Wettergefahr beginnt der DWD mit Alarmhinweisen, maximal 48 Stunden vor einer Gefahr wird für Bundesländer oder Teile davon eine Vorabinformation veröffentlicht. Konkret wird es dann in Stufe drei: Frühestens zwölf Stunden vor dem erwarteten Unwetter warnt der DWD. Bei manchen Wetterereignissen sei das aber nur Minuten davor möglich.

Allen Verbesserungen durch Wissenschaft und Technik zum Trotz mahnte Hans-Joachim Koppert, die Erwartungen nicht zu hoch zu schrauben. Die Atmosphäre habe chaotische Züge, der perfekten Wettervorhersage könne man sich deshalb nur annähern. „Grund dafür sind die Gesetze der Physik“, sagte er.

Was Koppert damit meinte, zeigte sich gestern im Süden Deutschlands. Dort setzte sich das Wetterchaos des Sommers fort: In der Alpenregion fiel die Schneefallgrenze auf 1500 Meter.