Hamburg. Weniger Platz, Estrichfußböden, Bäder mit Minimalausstattung: „Wir müssen unsere Ansprüche reduzieren“

Oliver Schirg

Kleinere Wohnungen, schlichte Einrichtung, Holzhäuser: Die Hamburger Architektenkammer hat sich mit ungewöhnlichen Vorschlägen in die Debatte um den Bau günstigerer Wohnungen zu Wort gemeldet. „Wir müssen bei der Größe einer Durchschnittswohnung unsere Ansprüche reduzieren, wenn wir die Baukosten senken wollen“, sagte die Präsidentin der Kammer, Karin Loosen, dem Abendblatt. „Derzeit leben wir auf großem Fuß und haben hohe Ansprüche.“ Hintergrund sind die gestiegenen Baukosten. Bauherren klagen über hohe staatliche Anforderungen. Allein seit Jahresbeginn verursachten höhere Umwelt-auflagen bei einem Bau von Wohnge-bäuden einen Preissprung von sieben Prozent. Um bei frei finanzierten Wohnungen Anfangsmieten zwischen 8 Euro und 9 Euro pro Quadratmeter zu ermöglichen, wollen SPD und Grüne den sogenannten Effizienzwohnungsbau einführen. Bislang kostet eine nicht öffentlich geförderte Neubauwohnung durchschnittlich 12 Euro pro Quadratmeter.

Nach den Worten von Karin Loosen würden kompaktere Grundrisse, Estrichfußböden oder Bäder mit einer Minimalausstattung die Kosten drücken. Für innovative Projekte mit kostensparenden Ansätzen sollte die Stadt Grundstücke günstiger zur Verfügung stellen. Loosen: „Kleinere Wohnungen sind kein Problem, wenn es im Quartier schönere Aufenthaltsorte, also Parks oder Plätze gibt.“ Die Menschen lebten heute mehr draußen als zu früheren Zeiten. „Bislang wird Wohnungsbau zu wenig städtebaulich gedacht.“ Die Präsidentin der Architektenkammer sprach sich für eine „Standardisierung der Vielfalt“ aus. „An modularem Bauen, bestimmte Elemente in den Fassaden, die sich wiederholen, oder standardisierte Sanitärkerne, kom­men wir nicht vorbei.“ Loosen schlug vor, in mehreren Stadtteilen dieselben Hausmodule zu verwenden. „Ich stelle mir das wie bei Legosteinen vor: Typisierte Bauteile werden unterschiedlich kombiniert.“ So entstünden innovative und vor allem unterschiedliche Viertel.

Die bislang bekannt gewordenen Pläne über den Bau von Expresswohnungen für Flüchtlinge bezeichnete die Kammerpräsidentin als abschreckend. „Da werden einfach bestehende Bauten in einem neuen Stadtteil addiert.“ Das habe nichts mit städtebaulicher Planung zu tun.

Seite 13 Interview mit Karin Loosen