Harburg. Der emeritierte Hauptpastor des Hamburger Michel, Helge Adolphsen, macht sich im Abendblatt Gedanken über Alltagsprobleme.

Der Handel mit fairen Produkten boomt. 2015 stieg der Umsatz um 26 Prozent auf 827 Millionen. „Fair“ bezieht sich auf auskömmliche Löhne für die Produzenten von Kaffee, Kakao, Bananen und Schnittblumen. Das Fairtrade – Produkt Nummer 1 ist Kaffee. Der hat eine Steigerung um 18 Prozent auf 14.000 Tonnen zu verzeichnen.

Im Zusammenhang mit Kaffee ist in erster Linie der bekannte Hamburger Unternehmer Albert Darboven zu nennen. Im 150. Jubiläumsjahr besuche ich ihn auf dem großen Firmengelände in Billbrook. Das strahlende Gesicht passt zu dem Firmenmotto “Aus Freude am Leben“. Ich frage ihn, ob er wisse, dass er mit seinem Café Intencion ecologico, dem nachweislich hergestellten und zugleich ökologischen Kaffee, in der Tradition der amerikanischen Mennoniten stehe. Die haben genau vor 70 Jahren den fairen Handel begründet. Zunächst mit aus Jute hergestellten Gütern. Darboven ist das neu.

„Wie sind Sie auf das Thema fairer Handel gekommen?“ frage ich. „Ich wurde als junger Mann nach Südamerika geschickt. Dort habe ich das Elend der kleinen Kaffeebauern kennengelernt. Die Feudalherrschaft war verbunden mit Ausbeutung. Die Bauern begannen damals langsam, für besseren Lohn und gerechtere Arbeits- und Lebensbedingungen zu kämpfen. Meine späteren Erfahrungen als Einkäufer in El Salvador, Costa Rica und Nicaragua haben mein soziales Gewissen bestärkt. Zugleich auch meine Verantwortung als Unternehmer. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass soziales und ökologisch nachhaltiges Wirtschaften eine Voraussetzung für langfristigen Erfolg ist.“ Darboven ist seinen Weg konsequent weitergegangen. Als sich 1993 der gemeinnützige Verein „TransFair“ gründete, ging Darboven sofort eine Partnerschaft ein und produzierte seinen ersten fairen Kaffee. Hinter dem Verein stehen kirchliche Initiativen wie „Brot für die Welt“, „Misereor“, aber auch die Deutsche Welthungerhilfe.

Mich interessiert, wie ein fairer Preis zustande kommt. Da wird mein Gesprächspartner deutlich: „Der Weltmarktpreis wird an der Börse in New York festgelegt. Er richtet sich nach Angebot und Nachfrage. So weit so gut. Aber unter den Börsianern sind auch Zocker. Die spielen Jo-Jo. Wir sind natürlich abhängig vom festgesetzten Preis. Aber ich habe mich freiwillig daran gebunden, einen Fair-Trade-Aufschlag vom Doppelten des börsennotierten Preises an die Kaffeebauern zu bezahlen. Das soll ihnen langfristig die Chance geben, ihr wirtschaftliches Leben selbstbewusst und stolz in die eigenen Hände zu nehmen.“ „Hilfe zur Selbsthilfe“ macht Entwicklungshilfe erfolgreich. Darboven legt Wert darauf, dass die Fair-Trade-Abgaben auch wirklich ankommen. Die Mitarbeiter des Vereins kontrollieren das regelmäßig. Der Verein vergibt auch das Fair-Trade-Siegel.

Der Kaffeekönig erinnert sich gut, dass viele Unternehmer und Discounter ihn zunächst als Umweltschwärmer und Sozialfantasten belächelt haben. Inzwischen sind viele offener für Alternativen geworden. Natürlich kommt es entscheidend auf die Konsumenten an. Es liegt an uns, ob wir ernst machen mit dem, was so allgemein Gerechtigkeit heißt. Konkret wird sie, wenn jeder Einzelne bereit ist, auch einen höheren Preis für seinen Kaffee zu zahlen. Und damit seinen Beitrag für die Verbesserung der Lebensqualität von Menschen in fernen Ländern zu leisten.

Der Pionier des fairen Handels hat 2009 den Fairtrade-Preis in der Kategorie Wirtschaft erhalten. Dass er mit seiner persönlichen Überzeugung Erfolg hat, zeigt sich auch darin, dass er die Fluggesellschaft Air-Berlin mit fair gehandeltem Kaffee beliefert. Ebenso auch Großbäckereien mit ihren vielen Filialen und die Gastronomie.

Bei unserem Gespräch in Billbrook erfahre ich, dass in einem sozialen Netzwerk gerade eine Unterschriftensammlung läuft. Überwiegend junge Menschen fordern von Bahnchef Grube, auch in den Zügen der Deutschen Bahn fair gehandelten Kaffee auszuschenken. Sie sind sicher, das gesteckte Ziel von 50.000 Unterschriften zu erreichen.

Das Traditionsunternehmen Darboven agiert weltweit. Es hat gut 1.200 Mitarbeitende. Es gibt 13 Unternehmensstandorte in neun Ländern. Inzwischen auch viele Partnerschaften mit Handelsunternehmen in China, Südkorea, der Ukraine…

Natürlich handelt die Firma nicht nur mit fairem Kaffee . Der Anteil von Fairtrade-Kaffee liegt insgesamt nur bei 4 Prozent. Darboven ist trotzdem zuversichtlich :„Erstens steigt der Umsatz beachtlich. Und zweitens ist es nur eine Frage der Zeit, bis das Bewusstsein einer notwendigen ethischen Fundierung der Wirtschaft stärker wird.“

Zum Schluss unseres Gesprächs macht mich Darboven auf ein soziales Projekt aufmerksam, das er sich für das Jubiläumsjahr ausgedacht hat. Neben Hamburger Projekten, die er fördert, werden jetzt in Honduras 250 Kaffeekleinbauern unterstützt. Sie erfahren professionelle Hilfe bei der Produktionsplanung und beim Kaffeeanbau. Auch Frauen werden einbezogen. Was klug ist. Denn die wirksamste Entwicklungshilfe läuft über die Frauen. Das Projekt soll nachhaltiges Wirtschaften erreichen.