Hinter Angela Merkels „Prinzip Rosinenpickerei“ steckt mehr als nur der Brexit

Nein, das haben Rosinen nicht verdient: diesen unappetitlichen Beigeschmack. Gerade jetzt, wo sie in aller Munde sind. Dank unserer Kanzlerin, die mit erhobenem Zeigefinger und bitterbösem Blick Richtung Brexit-Verhandlungen die Briten vor dem „Prinzip Rosinenpickerei“ gewarnt hat.

Wie sollen die armen Briten das verstehen? Wer Englisch spricht, pickt Kirschen („cherry-picking“) und keine Rosinen. Überhaupt: Immer wenn ein Schüsselchen Studentenfutter auf dem Tisch steht, sind als Erstes die Nüsse weg. Von wegen Rosinenpicker! Dabei waren sie schon mit Hannibal unterwegs, als der im Jahr 218 vor Christus mit Tausenden Kriegern und 37 Elefanten die Alpen überquerte. Rosinen gehörten zur Marschverpflegung. Eine Delikatesse. Wie bei Kaiser Augustus, der kleine Vögel gern mit Rosinen gefüllt verzehrte, während man in Nordeuropa die Trockenfrüchte erst kennenlernte, als im elften Jahrhundert die Kreuzfahrer in ihre Heimat zurückkehrten. Wandbilder der Antike zeigen sogar zu Schmuck verarbeitete Rosinen. Wer da anfängt zu picken, zerstört gleich ein Kunstwerk.

In den USA gibt es sogar den Tag der Rosine (National Raisin Day), immer am 30. April. Seit Hersteller aus Kalifornien 1909 Rosinen zu Werbezwecken verteilten. Picken war ausdrücklich erwünscht. Wem das zu schmierig ist, sollte sich mit Schokofingern den 24. März im Kalender markieren, den Tag der Schokorosinen. Leider weiß keiner, seit wann er besteht und wer ihn ins Leben rief. Aber die Schokovariante ist in englischsprachigen Ländern ein beliebter Automaten-Snack. Pro Stunde werden eine Million Schokorosinen produziert. Eine Menge Möglichkeiten, sich was rauszupicken.