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Hochmotivierte bringen Radtouren, Joggen oder sogar Mannschaftssport ohne Weiteres im Alltag unter. Wer weniger Zeit und Lust hat, dem fällt es schwerer, regelmäßig ein bis zwei Stunden der körperlichen Betätigung zu opfern. Eine Lösung soll das Intervalltraining bieten. Eine kurze, knackige Aktivität mit maximalem Erfolg – so hoffen viele. Doch ist es wirklich so einfach? Die wichtigsten Fakten.

Aufbau und Gestaltung

„Grundsätzlich ist ein Intervalltraining intensiver als ein Dauertraining“, sagt Dr. Sebastian Gehlert, Sportwissenschaftler an der Deutschen Sporthochschule (DSHS) in Köln. Eine intensive Belastung, zum Beispiel schnelles Sprinten, Radfahren oder Schwimmen, wechselt sich mit einer „aktiven Pause“ ab – und das mehrfach hintereinander. In der Theorie unterscheidet man zwischen extensivem und hochintensivem Intervalltraining (HIIT) – bei Letzterem wird die Herzfrequenz deutlich stärker in die Höhe getrieben, sodass es sich für Freizeitsportler im Allgemeinen weniger gut eignet. Lässt man die Theorie einmal beiseite, bietet ein Intervalltraining ziemlich große Gestaltungsfreiheit. Anzahl und Dauer der Intervalle (und auch der Pausen zwischen den Intervallen) sind im Prinzip frei wählbar: von wenigen Sekunden sehr hoher Belastung bis hin zu mehreren Minuten etwas moderaterer Belastung. Eine mögliche Alternative zu festen Zeitintervallen ist ein Lauf in hügeligem Gelände, bei dem die Steigungen die Intensität der Belastung bestimmen.

„Im Grunde kann jeder mit einem solchen Training anfangen“, sagt Sebastian Gehlert. Ob man es dabei ex­trem oder eher gemäßigt angehen lässt, hängt von der eigenen Konstitution, der sportlichen Vorerfahrung und den persönlichen Zielen ab. „Es muss keinesfalls immer superintensiv sein, um sich positiv auszuwirken.“ Auch in einer Nordic-Walking-Gruppe könne man sich den Effekt eines Intervalltrainings zunutze machen, indem man beispielsweise für fünf Minuten mit einem etwas höheren Puls laufe als gewöhnlich und anschließend für fünf Minuten mit einem etwas niedrigeren Puls.

Effekte auf den Körper

Es ist nicht nur der geringere zeitliche Aufwand im Vergleich zum klassischen Ausdauertraining, der das Intervalltraining so beliebt macht. Nachdem Mediziner lange Zeit annahmen, jegliches Intervalltraining könne bei Menschen mit entsprechender Vorerkrankung das Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko erhöhen, weil es Blutdruck und Herzfrequenz stark und sehr plötzlich ansteigen lässt, werden derartige Sorgen heute von Studien widerlegt.

Mehr noch: Untersuchungen konnten zeigen, dass einige Herz-Kreislauf-Patienten von einem gemäßigten Intervalltraining gesundheitlich stark profitieren, da es die Herzfunktion ökonomisiert – was sowohl zu hohen Blutdruck regulieren als auch die Toleranz des Körpers gegenüber zu niedrigem Blutdruck verbessern kann. „In dieser Hinsicht wurde ein Paradigmenwechsel eingeleitet: Extensives Intervalltraining ist durchaus für Asthmatiker oder herzschwache Menschen geeignet, sofern sie medizinisch betreut werden“, sagt Dr. Michael Ehnert, Leiter des Instituts für Sportmedizin und Prävention an der Asklepios Klinik St. Georg. Darüber hinaus werden Sauerstoffaufnahme und Fettverbrennung optimiert, es kommt zu Muskelzuwachs und höherer Gefäßelastizität – Effekte, die auch beim Ausdauertraining einsetzen, beim Intervalltraining jedoch stärker. Begründen lässt sich dies, stark vereinfacht, mit der Bequemlichkeit des Körpers: Eine sportliche Belastung zwingt ihn zur Anpassung an die gesteigerten Anforderungen. Geht man nun regelmäßig zweimal pro Woche 45 Minuten joggen und wählt immer wieder die gleiche Strecke und das gleiche Tempo, wird der Körper kaum noch gefordert. Seine Anpassungsleistung nimmt ab. Hier greift das Intervalltraining, das plötzlich ungewohnte und relativ extreme Trainingsreize setzt. „Allerdings darf man Intervalltraining nicht für eine Patentlösung halten“, sagt Sebastian Gehlert: „Es ersetzt kein Dauertraining, sondern ergänzt es nur.“

Vorbereitung und wichtige
Vorsichtsmaßnahmen

Ein gesunder Mensch könne sich beim Intervalltraining eigentlich nicht überfordern, so Gehlert. Dennoch sei es sinnvoll, sich auch als ambitionierter Freizeitsportler zumindest einmal einer sportmedizinischen Grunduntersuchung zu unterziehen, sagt Michael Ehnert. Sie gebe Aufschluss über mögliche Schwachstellen des Körpers. Schließlich kann sportliche Belastung etwa bei ungünstigen Bewegungsabläufen aufgrund von orthopädischen Besonderheiten – Plattfuß, O-Beine – Verletzungen provozieren. Gerade beim Intervalltraining wirken erhöhte mechanische Belastungen durch Stoß-, Druck- und Zugkräfte auf den Körper ein. In der Untersuchung könne man daher gemeinsam mit dem Arzt herausfinden, welche Sportart der eigenen körperlichen Konstitution am besten entspreche, so Ehnert. Bei Herz-Kreislauf-Patienten diene die Untersuchung außerdem dazu, individuelle Belastungsgrenzen festzustellen.