Hagen.

Direkt vor dem Eingang eines Krankenhauses in Hagen hat eine 26-jährige Frau ein Kind zur Welt gebracht. Mutter und Baby sind wohlauf. Die Mutter wusste gar nicht, dass sie schwanger war, die Geburt kam für sie ebenso plötzlich wie überraschend.

Chayenne haben Sarah Wolf und ihr Lebensgefährte Felix Grauer (25) ihr zwei Tage altes Töchterlein genannt. Obwohl das Kind so unerwartet in ihr Leben trat, sind die Eltern überglücklich: „Wir haben uns ja ein Kind gewünscht. Und Chayenne ist kerngesund. Das ist doch die Hauptsache.“

Noch am Tag vor der Geburt hatte Sarah Wolf, die in einer Wäscherei arbeitet, wegen starker Unterleibsschmerzen ihre Frauenärztin aufgesucht. Statt sie eingehend zu untersuchen, habe die Ärztin ihr nur Tabletten verschrieben und versichert, sie könne am nächsten Tag wieder zur Arbeit gehen. Doch die Schmerzen nahmen zu – dass es sich um Wehen handelte, ahnte die junge Frau nicht. Sie rief ihren Lebensgefährten an und bat ihn, sie umgehend in die Klinik zu bringen: „Es tat so weh, ich konnte nicht mehr. Ich dachte, ich hätte einen Darmverschluss oder eine andere gefährliche Krankheit.“

Vor der Klinik angekommen, schleppte sich Sarah Wolf noch die Stufen zum Eingang hinunter, während der Druck im Bauch immer weiter anschwoll. Und dann habe sie einfach mitgepresst, bis etwas in ihre Hose gerutscht sei und geschrien habe. Erst da habe sie das Baby gesehen: „Mein Freund war ganz blass, ich musste aufpassen, dass er nicht umkippt.“

Nach und nach versammelten sich immer mehr Schaulustige. Fachkrankenpfleger Christian Brenscheidt dagegen, der gerade zum Dienst kam und sich umgezogen hatte, handelte entschlossen. Er bugsierte das Neugeborene, das aufgehört hatte zu schreien, aus dem Hosenbein: „Ich hatte den Eindruck, dass das Gesichtchen zwischen Hose und Unterschenkel eingeklemmt war und das Baby nicht atmen konnte.“ Nachdem er Schleim entfernt hatte, krähte das Mädchen wieder. Schließlich eilten Helfer aus Ambulanz und Intensivstation herbei und versperrten den Neugierigen den Blick auf die jetzt doch geschockte Mutter, so dass Brenscheidt das Baby abnabeln und die Familie in die Klinik geleiten konnte.

2990 Gramm ist die kleine Cha­yenne schwer und 50 Zentimeter groß. Sie habe wirklich bis zum letzten Moment nicht mitbekommen, dass sie schwanger sei, bekräftigt Sarah Wolf: „Ich hatte keinen Babybauch, habe keine Bewegungen gespürt, und mir war auch nie schlecht. Zudem hatte ich immer meine Tage.“ Dass werdende Mütter ihre Schwangerschaft nicht bemerkten, komme tatsächlich hin und wieder vor, bestätigt Sebastian Kolben, Oberarzt für Geburtshilfe: „In solchen Fällen ist der Babybauch in der Regel nicht sehr ausgeprägt.“

Sarah Wolf und Felix Grauer schauen jetzt nach vorn. Seit neun Jahren sind sie ein Paar, nun hat sich, wenn auch auf äußerst kuriose Weise, der ersehnte Nachwuchs eingestellt. In Windeseile wollen sie nun ihre Wohnung für ihr Töchterchen herrichten, die Mutter wird zunächst ihren Beruf aufgeben und in Elternzeit gehen.