Freiburg/Berlin.

Es ist ein Fall, der nicht nur ungewöhnlich ist, sondern auch den Kern der deutschen Rechtsprechung im Umgang mit Embryonen betrifft: Ein 48 Jahre alter Mann möchte mit seiner Frau Kinder haben. Da sie unfruchtbar ist, will er dafür die im Krankenhaus eingefrorenen Eizellen seiner verstorbenen früheren Frau nutzen. Diese hatte ihre Eizellen einfrieren lassen. Das Paar hatte sich damals zu dem Schritt entschlossen, weil die frühere Frau an Krebs erkrankt war und die Chemotherapie das Erbgut hätte schädigen können. Die Ehefrau starb im Jahr 2010. Weil das Universitätsklinikum Freiburg sich weigerte, das Erbgut für seine neue Ehe herauszugeben, ging der Mann vor Gericht – und scheiterte gestern vor dem Zivilsenat des Oberlandesgerichtes (OLG) Karlsruhe.

Es war bereits die zweite Instanz, nachdem er zuvor bereits am Landgericht Freiburg gescheitert war. Eine Revision des jetzigen Urteils ist zunächst nicht zugelassen. Die Richter wiesen den Kläger deutlich darauf hin, dass die Klinik die 15 Eizellen der 2010 verstorbenen Frau nicht herausgeben dürfe – das Gesetz sei in dieser Frage eindeutig. Es ist laut Richter Bernhard Joos das erste Mal, dass die Justiz in Deutschland über einen solchen Fall entscheidet.

Das Klinikum sieht sich im Recht, äußert aber Verständnis für die besondere Situation des Klägers. „Wir verstehen die Ausnahmesituation“, sagt Benjamin Waschow, der Sprecher des Klinikums, dieser Zeitung, „und die schwierige, auch emotionale Lage, in der sich der Witwer und seine neue Frau befinden.“ Das Klinikum Freiburg müsse sich aber an gültige Verträge und Gesetze halten. Die Klinik sei dazu berechtigt oder sogar gezwungen gewesen, die Eizellen zu entsorgen. „Wir haben das nicht getan“, sagt Benjamin Waschow weiter, „wir wollten dem Mann die Möglichkeit geben, sich mit der Situation in Ruhe auseinandersetzen zu können.“

Doch so eindeutig ist der Fall nicht: Die neue Ehefrau war einverstanden, die Befruchtung mit den Eizellen der ersten Frau durchführen zu lassen. Der Mann sagt, dies entspreche auch dem „erklärten Willen“ seiner verstorbenen Ehefrau. Allerdings habe er die Einwilligung der verstorbenen Frau nicht schriftlich. In dem Vertrag zur Einfrierung der Zellen wurde hingegen festgelegt, die Zellen „nur an das Ehepaar gemeinsam“ herauszugeben. Deshalb entschied der Vorsitzende Richter Bernhard Joos in Freiburg: „Daran muss sich die Klinik halten.“

Leihmutterschaft ist in Deutschland verboten

Außerdem berührt das Gesetz auch das Verbot zur Leihmutterschaft, das verhindern soll, dass eine dritte Frau das Kind (meist gegen Bezahlung) für ein möglicherweise unfruchtbares Paar austrägt. Das ist in Deutschland verboten. Laut Gesetz darf nur die Frau, von der die Eizellen stammen, diese auch für eine Schwangerschaft nutzen. „Die Rechtslage ist hier eindeutig“, betont der Richter in der Urteilsbegründung. Nicht nur diese Form der Leihmutterschaft ist strafbar, sondern laut Adoptionsvermittlungsgesetz auch die Vermittlung von Leihmüttern.

Im Fall eingefrorener Eizellen ist das deutsche Recht in der Vergangenheit nicht eindeutig gewesen. Nach einem Urteil des Oberlandesgerichts in Rostock aus dem Jahr 2010 konnte sich der Kläger aus Freiburg durchaus Hoffnung machen. Dort wollte eine Witwe die Embryonen austragen, die sie mit ihrem inzwischen verstorbenen Mann einfrieren ließ. Das OLG gab ihr recht. Der Freiburger Richter Joos wies aber darauf hin, dass die Fälle schwer vergleichbar seien. „Die Eizellen der Frau in Rostock stammten schließlich von ihr“, sagt Joos. Deshalb habe sie im Zweifel auch Anspruch darauf.

In Freiburg ging es aber um Eizellen einer inzwischen toten Frau, die andere für sich beanspruchten. Und das sei in Deutschland eindeutig illegal. Der Kläger hat jetzt nur noch eine Möglichkeit: Er könnte gegen die Nichtzulassung der Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) Beschwerde einlegen. Bei der Urteilsverkündung in Freiburg war er selbst nicht anwesend.