Das Drama „Das Talent des Genesis Potini“ verknüpft Schachgeschichte mit der Maori-Kultur

Zwar lacht so mancher laut auf, wenn er hört, dass Schach als Sport bezeichnet wird, aber der Film des Neuseeländers James Napier Robertson, „Das Talent des Genesis Potini“, könnte einen eines Besseren belehren. Die Leinwandversion einer wahren Geschichte hat alles, was den Sport spartenübergreifend zu jener großen Erzählung macht, die trotz der immerselben Wettkampfrituale wieder und wieder begeistert, fesselt und bewegt.

Da gibt es den gefallenen Star. Einst waren alle Hoffnungen auf ihn gerichtet, doch er hat sie alle enttäuscht. Auf der anderen Seite gibt es gleich zwei junge und aufstrebende Talente, die in Herkunft und Ausbildung alle Chancen gegen sich gerichtet sehen und deshalb eines Mentors bedürfen, der ihr Talent erkennt, sie fördert und gegen die eigenen Selbstzweifel verteidigt. Und es gibt natürlich den anstehenden Wettkampf, für den trainiert werden muss. In diesem Falle ist es eben das Jugendschachturnier in Auckland (Neuseeland).

Der Ort gibt den ersten Hinweis darauf, dass „Genesis Potini“ mehr zu erzählen hat, als nur die reine Geschichte vom Triumph gegen alle Chancen. Und das nicht nur, weil es Potini wirklich gegeben hat: einen Schachmeister aus den Reihen der neuseeländischen Urbevölkerung, der Maori, der sich mit dem Spitznamen „Dark Horse“ frühe Meriten in der Schachwelt erwarb – als „Dark Horse“ bezeichnet man im Englischen die Außenseiter mit steilen Wettquoten – , und dann wegen psychischer Erkrankung Jahre in der Nervenklinik verbringen musste.

Als er endlich heraus fand, nahm er sich eines Schachclubs an, der benachteiligten Maori-Jugendlichen eine Auszeit verschaffen sollte. Es zeigte sich, dass Schachspielen für diese Jugendlichen sehr viel mehr sein kann als eine erholsame Auszeit – das Spiel mit allem, was dazu zählt wie Disziplin, Lernwillen und Stärkung des Selbstbewusstseins, kann einen Ausweg weisen aus bildungsfernen und chancenarmen Verhältnissen.

Die wesentlichen dramaturgischen Linien sind also schon gezeichnet, bevor der Film beginnt. Aber sobald Cliff Curtis in den ersten Szenen als Potini durch
regenverhangene Straßen läuft, wird spürbar, was Robertsons Biopic darüber hinaus erzählen will.

Seine Lebendigkeit und seine einzigartiges Atmosphäre bezieht der Film daraus, wie er Schachgeschichte hier mit Maori-Kultur verknüpft. Potini nämlich schildert seinem Schüler das Spiel als Metapher für den Existenzkampf ihres Volkes. Die Schachfiguren stellt er als Krieger vor, den Individualsport als Gemeinschaftsanstrengung, bei dem es darum geht, als Gruppe zu agieren, den König zu beschützen und keinen zurückzulassen. Außerhalb des Films mag sich das nach Edelkitsch anhören, aber im feinen Gewebe von Robertsons Film begreift man ein weiteres Mal, dass Wettkämpfe das eine sind, viel wichtiger aber die Legenden.

„Das Talent des Genesis Potini“ NZ 2014, 124 Min., ab 12 J., R: James Napier Robertson, D: Cliff Curtis, Wayne Hapi, James Rolleston, tägl. im 3001-Kino (OmU); www.thedarkhorsefilm.com