Évian-les-Bains. Deutschlands EM-Kader: Auf dem Weg nach Paris sollen ein Cross-Golfer, ein Hobby-Schauspieler und ein Kumpel von PUR-Sänger Hartmut Engler helfen

    Daniel Berg

    Seit Dienstag ist die deutsche Nationalmannschaft in Frankreich. Doch wie viel Frankreich steckt eigentlich in „La Mannschaft“? Das Abendblatt stellt den 23-Mann-Kader für die Tour de France vor:

    Manuel Neuer (30 Jahre/65 Länderspiele/0 Tore): Der Frauenschwarm könnte sicher auch als Model für Coco Chanel arbeiten. Er sei zwar eitel, gab der beste Torhüter der Welt unlängst gegenüber der „Gala“ zu, aber er bevorzuge einen Mix aus bequemen und modischen Klamotten. „Ich bin froh, dass ich keine High Heels tragen muss“, sagt er.

    Bernd Leno (24/1/0): Chapeau, Leno! Ohne Länderspielminute schaffte er es in den vorläufigen EM-Kader. Eine Zeit lang hielt er einen anderen Rekord: den des jüngsten deutschen Torhüters, der je in der Champions League zum Einsatz kam. Die Stars vom FC Chelsea brachte er als vollkommen Unbekannter 2011 zur Verzweiflung. Damals tauschte er das Trikot mit seinem Berufskollegen Petr Czech. Dessen Trikot mit Unterschrift (!) hat einen Ehrenplatz bei ihm zu Hause.

    Marc-André ter Stegen (24/6/0): Oh lá lá. Als Kind lief der „Mini-Kahn“ an der Hand des großen Oliver Kahn beim Spiel Mönchengladbach gegen Bayern ins Stadion. „Gänsehaut pur“, sei das gewesen. Mittlerweile hat der einstige Oliver-Kahn-Fan seine eigenen Macken. Beispiel gefällig: Er entsorgt seine Handschuhe, wenn ein anderer sie einmal berührt hat.

    Emre Can (22/6/0): Darf auch bei der diesjährigen Tour de France nicht fehlen. Dabei ist Emre Can doch eigentlich ein Schachspieler. Zumindest Cans türkischer Namensvetter, der 2007 sogar internationaler Schachmeister wurde. Der Fußballer-Can ist auch schon Meister: mit nur vier Einsätzen wurde der gebürtige Frankfurter 2013 mit den Bayern Deutscher Meister, ehe es über Leverkusen nach Liverpool ging. Die Tour d’Europe soll in diesem Sommer gekrönt werden: am 10. Juli in Paris.

    Benedikt Höwedes (28/34/2): Kennt mit seinen Gegenspielern pas de Pardon. Ansonsten ist der Hobby-Crossgolfer ein sehr umgänglicher Typ: Höwedes engagiert sich für die Krebshilfe, für einen gerechten Zugang zu mehr Bildungseinrichtungen und für gute Nachbarschaft mit Kumpel Boateng.

    Jerome Boateng (27/59/0): Der Eifelturm in der Abwehr. Der Mann hat keine Schwäche. Oder doch? Doch, eine Sehschwäche. Sie war ihm vor seinen Schulfreunden früher so unangenehm, dass er seine Brille jeden Morgen beim Verlassen des Hauses im Briefkasten versteckte – bis die Mama es herausfand. Heute designt der Abwehrchef des FC Bayern München Brillen – und behält so immer den Durchblick.

    Mats Hummels (27/46/4): Der Mats würde ihr ab und an auch mal die Rote Karte zeigen, verriet Neu-Ehefrau Cathy Hummels gerade der „Bild“. In 46 Länderspielen ist Hummel, so sein Spitzname, dagegen noch nie vom Platz geflogen. Sein Lieblingsessen: Sushi. Seine spektakulären Hobbys: mit Freunden reden, Kino, Playstation.

    Shkodran Mustafi (24/10/0): Reist nicht zum Flanieren auf dem Champs-Élysées nach Frankreich mit. Der Defensivallrounder kann aber nicht nur Abwehr. Im vergangenen Jahr überzeugte er auch schauspielerisch bei einem Dreh für ein neues Musikvideo des Sängers Ardian Bujupi. Mit einem Gläschen Bordeaux-Wein braucht man Mustafi aber nicht zu kommen. Der gläubige Moslem trinkt keinen Alkohol.

    Antonio Rüdiger (23/11/0): Er spielt bei AS Rom, das macht ihn zu einem echten Römer, was wiederum bedeutet, dass ein Klassiker der französischen Unterhaltung umgeschrieben werden müsste. Denn Asterix und Obelix – das ist klar – hätten gegen Römer dieser Art trotz Zaubertranks keine Chance. Entschlossen und kompromisslos geht er im Zweikampf ran. Aber der Verteidiger hat auch eine weiche Seite: die Familie. Den Namen seiner Mutter ließ er sich auf die Fußballschuhe sticken.

    Jonas Hector (26/14/1): Trägt hinten links das Gelbe Trikot. Der Kölner wird bei der EM vermutlich spielen, auch weil kaum Konkurrenz vorhanden ist. Der Mann überrascht, sportlich und verbal. Den vorgegeben Halbsatz „Ich kenne niemanden, der besser als ich...“ vollendet er mit: „...beim Tischtennis gekleidet ist.“ Das macht nachdenklich: Smoking? Krawatte? Lackschuhe? Dann lieber Gelbes Trikot.

    Sami Khedira (29/60/5): Löws Napoleon, der das Mittelfeld erobern soll. In Italien von den Medien als „der Weise“ gefeiert, von Ex-Kumpel Bushido dagegen mit nicht ganz so netten Worten bedacht. „Als Sami noch bei Stuttgart gespielt hat, da war er noch relativ bodenständig. (…) Jetzt tut er so, als würde er einen nicht mehr kennen.“

    Joshua Kimmich (21/1/0): Le petit prince? Der kleine Prinz? Das bayerische Bürschlein mag neben so manchem riesenhaften Nationalmannschaftkollegen aussehen wie einer, der ein Schnitzel zu wenig gegessen hat. Aber in ihm steckt ein Mentalitätsmonster. Zielstrebig und ehrgeizig ist er. Der Beweis: ein Einser-Abitur trotz absehbarer Profi-Karriere .

    Toni Kroos (26/65/11): Deutschlands Mittelfeld-Gott in Frankreich. Nicht nur der Ball ist gut befreundet mit dem Madrilenen, auch PUR-Sänger Hart-mut Engler ist ein bon ami. Der Toni sei ein guter Zuhörer – und er könne auch gute Geschichten erzählen, verriet Engler ausgerechnet dem „Playboy“.

    Bastian Schweinsteiger (31/115/23): Der Chef de mission will zeigen, dass er durchaus vergleichbar mit einem guten Bordeaux-Wein ist. Je älter, desto besser… Der älteste Frankreichfahrer fing früh an. Mit drei Jahren spielte er schon beim FV Oberaudorf nahe der österreichischen Grenze. Auf der anderen Seite der Grenze war sein Vater früher auch mal als Fußballer aktiv.

    Julian Weigl (20/1/0): Rien ne va plus! Das schien das Schicksal des Dortmunders vor der Nominierung des endgültigen EM-Kaders zu sein. Nun ist der Bundesliga-Neuling tatsächlich mit dabei. Aber er muss sich vorsehen: Die französischen Spezialitäten von Baguette bis Croissant stehen auf dem Index. Stichwort: Tuchel-Diät.

    Thomas Müller (26/71/31): Der Mann mit den Froschschenkeln. Dünn, gelenkig und eigentlich nicht für Sport gemacht – und trotzdem schießt der Bayer mit diesen Beinchen Tor um Tor. Goofy nannten ihn seine Kumpels früher wegen der Ähnlichkeit zum Hundeschlaks aus den Comics von Micky Maus, für die Müller früher sein gesamtes Taschengeld opferte.

    Mesut Özil (27/73/19): Seine Pässe hätten einen Platz im Louvre verdient. Die „Zeit“ ließ sich dereinst mal zu einer regelrechten Liebeserklärung hinreißen: „Ein Spieler mit einer solchen Anmut, dass man, sieht man ihn spielen, sofort Kinder zeugen möchte, um ihnen davon zu erzählen.“ Spanische Medien spekulierten sogar, dass Özil wegen seiner hervorstehenden Augen so begnadete Pässe spielen kann. Er habe einen größeren Sichtradius und daher eine bessere Spielübersicht.

    Julian Draxler (22/19/1): Friedensvertrag von Versailles? Ob es darum ging, als Joachim Löw den damaligen Schalker 2012 erstmals für die Nationalmannschaft nominieren wollte, dieser aber im Geschichtsunterricht saß? Erst in der Pause konnte der Mittelfeldspieler den Bundestrainer zurückrufen, vielleicht wurde er deshalb vor der EM noch aussortiert. Dieses Mal ist er dabei – und spielt hoffentlich länger als die paar Minuten bei der WM.

    Lukas Podolski (30/128/48): Tricolore? Folklore! Der Poldi ist und bleibt ein Liebling in Löws Mannschaft. Seine sportliche Qualität mag nachgelassen haben, trotzdem ist er unbezahlbar. Noch vor zwei Jahren war sein Wert sehr genau zu bestimmen: 60 Cent das Stück. Denn Podolski war auf der Briefmarke zu sehen, die aus Anlass des WM-Titels gedruckt wurde.

    André Schürrle (25/52/20): Seine bisherige Saison ist in einem Satz zusammenzufassen: Comme ci, comme ça. Zu seiner Verlobten Montana will er dagegen bald „oui“ sagen. Die Kanadierin weiß, wo es langgeht. Zumindest im Eishockey muss die zukünftige Frau Schürrle ihrem Andre Nachhilfeunterricht erteilen. „Montana ist mit Eishockey aufgewachsen“, erklärte der Neu-Fan der Vancouver Canucks der „WAZ“.

    Leroy Sané (20/3/0): Der junge Revoluzzer darf beim Sturm auf die Bastille natürlich auch nicht fehlen. Papa Souleymane ist immerhin in Paris aufgewachsen. Sein Vater würde ihn auf dem Boden halten, sagt Junior Sané, der offenbar besser Fußball spielen als Auto fahren kann. Ohne den Senior an seiner Seite baute er in den vergangenen zwei Jahren zwei schwere Unfälle. In Frankreich will er deswegen nur auf dem Rasen auf die Überholspur wechseln.

    Mario Götze (24/52/17): Die Situation, dass alles perfekt im Fluss ist, ist gerade nicht die seine. Fluss, Seine – Sie verstehen? Natürlich! Jedenfalls hat der WM-Finalschütze ein schweres Jahr hinter sich. Bei der EM will er wieder wichtig werden und in den entscheidenden Momenten da sein. Hoffen wir nur, dass nicht ausgerechnet in diesem Moment ein lange gehegter Wunsch Götzes in Erfüllung geht: einen Tag lang Justin Bieber sein.

    Mario Gomez (30/64/27): Très chic. Wurde mal von Wolf-Dieter Poschmann im ZDF dafür gelobt, dass er sich sogar im Sprint die Hose hochziehen kann, wenn sie ihm zuvor von einem Italiener runtergezogen wurde. Privat lässt sich der Attaquant maximal von Modelfreundin Carina Wanzung die Hosen ausziehen.