Ein E-Mail-Wechsel von Abendblatt und „Cicero“

Christoph Schwennicke, Chefredakteur des in Berlin produzierten Magazins „Cicero“, und Lars ­Haider, Chefredakteur des Hamburger Abendblatts, pflegen eine E-Mail-Freundschaft, die wir jeden Sonnabend an dieser Stelle veröffentlichen.

Haider: Lieber Christoph, alle reden über die Smartphone-Sucht, und ­deshalb kann ich Dir als Betroffenem dieses Thema natürlich nicht ersparen. In den unergründlichen Tiefen des Internets habe ich ein sehr lustiges Filmchen gefunden, in dem Du schon vor mehreren Jahren als Mitglied einer Selbsthilfegruppe zu sehen bist, die den Dingern abschwören will. Sag mir: Wie kommen wir davon los? Und was ­machen wir dann mit der ganzen ­Freizeit?

Schwennicke: Deine E-Mail erreicht mich auf dem Angelkahn, und ich Idiot schaue aufs Handy, statt den Hechten nachzustellen. Du siehst, die Selbsthilfegruppe hat nicht viel gebracht. Aber meine Frau hat jetzt ein Embargo verhängt: kein Handy vor acht. Hart ist das, das kann ich Dir sagen.

Haider: Das heißt, Du machst das ­Handy nachts aus???? Wahnsinn!! Aber wahrscheinlich will Deine Frau das nur, damit sie in Ruhe whatsappen kann. Mal ehrlich: Wie oft nimmst Du das Smartphone am Tag zur Hand? Und hast Du damit schon mal ­telefoniert?

Schwennicke: Ehrliche Antwort: 60-mal wird nicht reichen. Und telefonieren tue ich auch noch damit. Ich weiß manchmal gar nicht mehr, wer hier Herr und wer hier Diener ist.

Haider: Warum ist das so? Warum kann man nicht wie früher einmal am Tag zum Briefkasten gehen und gucken, ob was da ist? Und wieso angelst Du überhaupt mitten am Tag? Und schreibst mir das, obwohl Du weißt, dass ich strenger Vegetarier bin? Ja, auch kein Fisch :-)

Schwennicke: Man muss die Fische ja nicht essen, obwohl ich das liebend gerne tue. Gestern Abend selbst gefangener Hornhecht vom Grill. Köstlich, himmlisch, traumhaft.

Haider: Jetzt weiß ich, warum Du angelst: Du musst! Als Therapie gegen Deine schwere Smartphone-Sucht, Du armer Kerl!

Schwennicke: Es gibt wahrlich schlimmere Therapien. Ich schick Dir mal mein Buch übers Angeln, dann kannst Du mal versuchen, diese scheinbar wunderliche Leidenschaft zu begreifen. Angeln ist eine Allegorie aufs ­Leben. Und die schönste Form des Scheiterns.