Seevetal . Die Gemeinde ist unter Druck, weil sie schnell zusätzliche Kita- und Krippenplätze anbieten muss.

Die Gemeinde Seevetal erlebt derzeit einen regelrechten Babyboom. Erstmals seit dem Jahr 2008 hat sich die Zahl der Kinder im Alter von der Geburt bis zur Vollendung des zwölften Lebensjahres erhöht. Von 4198 im vergangenen Kindergartenjahr ist sie auf aktuell 4268 Kinder angestiegen. Da der Zuwachs vor allem bei den unter Dreijährigen zu verzeichnen ist, hat das handfeste Konsequenzen für die Krippenangebote der Gemeinde. Sie müssen so schnell wie möglich erweitert werden.

Für Nini-Nadin Stoll aus Hittfeld wäre das eine große Erleichterung. Die 37-Jährige baut mit Töchterchen Frida, 2, Türme aus bunten Klötzchen, während die zehn Wochen alte Greta selig in ihren Armen vor sich hindöst. Wenn man so will, sind die Stolls das Paradebeispiel für die Entwicklung, die in Seevetal derzeit zu beobachten ist. Es gibt immer mehr Familien, die sich für zwei oder sogar drei Kinder entscheiden.

Viele Eltern setzen schondie Babys auf eine Warteliste

Gemeindesprecher Andreas Schmidt spricht in diesem Zusammenhang von einer „Veränderung im Bestand“, die nicht ausschließlich auf die Neubaugebiete und den Zuzug junger Familien zurückzuführen sei. Die Gemeinde müsse auf den überraschenden Zuwachs nun viel stärker als in den Jahren zuvor mit neuen Krippenplätzen reagieren, so Schmidt.

Dass ein Krippenplatz kein Selbstläufer ist und man rechtzeitig aktiv werden muss, um nicht leer auszugehen, weiß auch Nini-Nadin Stoll. Sie hat bereits eine Woche nach der Entbindung ihre Tochter Greta auf die Warteliste setzen lassen. Eigentlich wollte sie wieder arbeiten gehen, wenn Greta ein Jahr alt wird.

Doch da ihr klar ist, dass man innerhalb des Kitajahres nur schwer einen Platz bekommt, hat sie sicherheitshalber lieber den September 2017 für die Rückkehr an ihren Arbeitsplatz in einer Hamburger Werbeagentur angepeilt. „Spätestens dann muss ich aber auch wieder los“, sagt sie. Das Geld, das ihr Mann Joachim als selbstständiger Handwerker verdient, würde für eine vierköpfige Familie nicht reichen.

Die Container an den Reetwiesenbleiben vorerst bestehen

Bei der Großen mussten die Stolls eine Weile ganz schön um einen Krippenplatz zittern. Erst hieß es, in Hittfeld sei alles belegt. Sie ergatterten daraufhin einen Platz in Meckelfeld und waren froh, überhaupt etwas bekommen zu haben. Dann gab es doch noch einen freien Platz in Hittfeld, in den Containern an der DRK-Kita „Zu den Reetwiesen“, die offiziell zur Kita „Am Redder“ gehören. „Wir sind dort sehr zufrieden, die Erzieher sind total nett und wir merken gar nicht, dass es Container sind“, sagt sie.

Genau diese Container will die Gemeinde mit der Fertigstellung der neuen Kita an der Lindhorster Straße nun auch nicht aufgeben, sondern aufgrund des großen Bedarfs zum kommenden Kitajahr übergangsweise weiternutzen. Sie sollen Platz bieten für je 15 Krippenkinder aus dem Einzugsbereich Ramelsloh/Ohlendorf/Holtorfsloh sowie aus Maschen/Horst.

Für die Elementarkinder aus diesen beiden Einzugsbereichen soll ebenfalls ein vorübergehendes Angebot mit insgesamt 25 Plätzen in einem freien Betreuungsraum in der Hittfelder Kita „Am Redder“ entstehen. Von den vier Elementargruppen, die dort bisher untergebracht sind, sollen alle bis auf eine in den Neubau an der Lindhorster Straße umziehen.

Eine zusätzliche Elementargruppe mit etwa 15 Plätzen für die Kinder aus den Ortschaften Meckelfeld und Klein-Moor will die Gemeinde Seevetal in einem Mehrzweckraum des bewährten Helbachhauses in Meckelfeld schaffen.

Bauliche Veränderungen werden an den beiden Hittfelder Standorten nach Aussage der Verwaltung nicht nötig sein. Ein Problem könnte es vielmehr werden, kurzfristig geeignetes Betreuungspersonal zu finden. Es sei deshalb nicht auszuschließen, dass nicht alle geplanten Kindergartengruppen unmittelbar nach den Sommerferien auch starten können, so die Verwaltung.

Damit die Übergangslösungen auch wirklich Übergangslösungen bleiben, schlägt die Verwaltung für den Bereich Ramelsloh zudem vor, den geplanten Neubau der DRK-Kita neben der Tennishalle des MTV Ramelsloh nicht für zwei, sondern besser gleich für drei Gruppen zu errichten. Erst im vergangenen Dezember hatte der Gemeinderat beschlossen, die Ramelsloher Kita durch den Neubau um 15 Krippenplätze und 25 Elementarplätze zu erweitern. Aktuell gibt es dort 30 Krippenplätze.

Die Geburtenentwicklung in Ramelsloh weist aber darauf hin, dass diese Plätze nicht ausreichen werden. Bei einem Betreuungsbedarf von rund 65 Prozent für Kinder unter drei Jahre und einer Gesamtzahl von 79 Kindern dieses Alters geht die Verwaltung von rund 51 Krippenplätzen aus. Durch eine dritte Gruppe würden die Baukosten um 375.000 Euro auf rund 1,18 Millionen Euro steigen.

Der Jugend-, Senioren- und Sozialausschuss der Gemeinde Seevetal wird sich heute Abend von 17 Uhr an auf seiner Sitzung im Hittfelder Rathaus mit dieser Frage und der generellen Situation der Kinderbetreuung in der Gemeinde befassen.

Die Tagespflege ist häufigkeine Alternative zum Krippenplatz

Eltern wie die Stolls werden die Beratungen mit großem Interesse verfolgen. Für sie hängt viel davon ab, zumal auch die Tagespflege oftmals keine Alternative zum hart umkämpften Krippenplatz ist. Im gesamten Einzugsbereich Ramelsloh/Ohlendorf/Holtorfsloh zum Beispiel ist laut Landkreis Harburg aktuell keine einzige Tagesmutter tätig.

Ein Problem, das es auch in anderen Gemeinden im Landkreis gibt „Ich kenne einige Eltern, die keinen Betreuungsplatz für ihre Kinder bekommen haben“, sagt auch Nini-Nadin Stoll. Dabei wären sie gar nicht zu spät dran gewesen, sondern hätten offensichtlich bei der Vergabe einfach nur Pech gehabt.