Am Sonnabend waren wir auf einer kleinen, aber feinen Party in einem Hamburger Club. Freunde und Bekannte legten abwechselnd auf, es wurde viel gequatscht, ein wenig getanzt, angestoßen, angeschaut. Das, was man einen netten Abend und Sonntagmorgen nennt.

Ein alter Freund, der viel über Musik schreibt und so ziemlich jede Rapzeile kennt, die seit „The Message“ von Grandmaster Flash & The Furious Five, sprich seit 1982, geschrieben wurde, legte auch auf und plauderte anschließend mit uns Umstehenden. Irgendwann legte jemand einen deutschen Hip-Hop-Pop-Hit aus dem Jahr 2012 auf, der immer noch oft im Radio gespielt wird, der über 500.000-mal über die Theke ging und bei jeder zweiten Feier oder Hochzeit zu hören ist. „Was issn das für’n Mainstream?“, murrte der Kumpel, und ich lachte über die so rhetorische wie ironische Frage. Doch da zückte er das Smartphone und startete die Musikerkennungs-App. „Du kennst ,Easy‘ von Cro nicht?“, staunte ich. Er: „Ach, das ist von Cro? Nie gehört, das Lied.“

Irre! Wie hat er es geschafft, diesem Ohrwurm vier Jahre zu entwischen? Meldete sich der Verkehrsfunk, wenn es im Radio lief? Weinte ein Kleinkind und übertönte es so im Supermarkt? Und vor allem: Wo war er beim Cro-Konzert 2013 im Docks, das er besuchte, als „Easy“ an der Reihe war? Das nenne ich jedenfalls ein beneidenswertes Wunder von selektiver Wahrnehmung. Hätte ich auch gern.