Hamburg. Fast alle Passagiere verzichten darauf, eine Entschädigung zu verlangen. Sie kann 600 Euro betragen. Online-Dienste helfen

    Die langersehnte Urlaubsreise verzögert sich, weil der Flieger stundenlang Verspätung hat, der Geschäftsreisende sitzt fest, da sein Flug annulliert wurde: Im vergangenen Jahr waren am Hamburger Flughafen – der mit 15,6 Millionen einen Passagierrekord erzielte – rund 50.600 Fluggäste von Verspätungen und Stornierungen betroffen, für die sie eine Entschädigung hätten verlangen können. Das geht aus einer Studie des Fluggasthelfer-Portals Airhelp hervor.

    „Diese Schätzung ist eher niedrig angesetzt, da wir nur die Abflüge und keine Überbuchung und verpasste Anschlussflüge miteinbezogen haben“, sagt Adrian Kreller, Airhelp-Chef in Deutschland. „Aufsummiert hätten die gut 50.600 Passagiere Anspruch auf mehr als 13 Millionen Euro an Entschädigung gegenüber den Fluggesellschaften.“ Gemäß der Europäischen Flugverordnung könne jeder Fluggast bis zu 600 Euro Entschädigung erhalten.

    „Jedoch sind es im Schnitt nur etwa zwei Prozent der Betroffenen, die eine Entschädigung tatsächlich auch einfordern“, sagt Adrian Kreller. Das Hauptproblem sei, dass die meisten Fluggäste ihre Rechte nicht kennen. „Hinzu kommt, dass viele Fluggesellschaften gerne mit scheinheiligen Begründungen vertrösten und nicht zahlen wollen – meistens schieben sie das Wetter vor.“ Ein weiteres Problem sei, dass sich der juristische Fachjargon während des Beschwerdeprozesses für die meisten Fluggäste anhöre wie eine Fremdsprache. Die Folge: Die Passagiere sind abgeschreckt und verzichten auf eine Entschädigung.

    Den aktuellen Hamburger Zahlen von Airhelp liegt eine eigene Datenbank zugrunde, die aus verschiedenen Quellen gespeist wird. Kreller: „Dazu zählen unter anderem Flughafen-Datenbanken, Daten von Fluggesellschaften und öffentlichen Agenturen, Wetterdaten sowie Anbieter von Flight-Tracking-Daten (Flüge online verfolgen).“ So könne ein sehr präzises Bild gezeichnet werden.

    Airhelp ist eines von zahlreichen Portalen, die Passagieren gegen eine Gebühr helfen, ihre Entschädigung für betroffene Flüge zu erhalten. In den letzten drei Jahren hat Airhelp für mehr als 450.000 Fluggäste die Entschädigungsansprüche durchgesetzt.

    Gegen den Vorwurf, Airlines würden sich oft querstellen, wehrt sich der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL). „Gerade weil Fluggesellschaften im Wettbewerb zueinander stehen, ist es im Interesse der Airlines, Beschwerdefälle schnell und zur Zufriedenheit der Kunden abzuschließen“, sagt BDL-Sprecherin Claudia Nolte. Die Prüfung von Beschwerden könne im Einzelfall jedoch etwas dauern. „Verspätungen und Annullierungen sind im Einzelfall sehr ärgerlich, aber in Summe eher die Ausnahme.“ Die Kundenzufriedenheit im Luftverkehr sei konstant hoch.

    Seite 12 Was Passagiere wissen müssen