Die Biografie „Die Poesie des Unendlichen“ erzählt konventionell, aber äußerst fesselnd die Geschichte des Genies Srinivasa Ramanujan, der Anfang des 19. Jahrhunderts wirkte

    Ramanujan – am Anfang des Films klingt der indische Name noch unvertraut. Srinivasa Ramanujan, dieses junge indische Mathematik-Genie, 1887 in Südindien geboren, den es wirklich gab. Unter Mathematikern ist er bekannt, seine Formeln – theoretische Mathematik, also die abstrakteste aller mathematischen Welten – helfen heute, schwarze Löcher zu berechnen. Doch damals, Anfang des 20. Jahrhunderts, konnten viele Akademiker mit seinen Berechnungen noch nichts anfangen. Trotzdem ahnte man: Hier ist ein besonderer Mensch aufgetaucht. Ein „natürliches Genie“, wie sein Mentor, der englische Mathematiker G. H. Hardy, ihn einmal verblüfft nannte.

    „Die Poesie des Unendlichen“ erzählt von dem unglaublichen Leben und Arbeiten Srinivasa Ramanujans (gespielt von Dev Patel), erzählt sein wahres Leben nach und setzt damit ein Denkmal. Der Film beginnt um 1912 in Indien, Ramanujan ist arbeitslos und von Zahlen getrieben. Ganze Zahlen, sie seien „seine Freunde“. Die Schule hat er kaum besucht, mit der Universität hat es auch nicht geklappt – der Mann ist ein Autodidakt. Er füllt Seiten um Seiten in Heften mit seinen Gleichungen, allein mit sich, ohne ein Gegenüber.

    Schließlich findet er einen indischen Förderer, einen höheren Buchhalter, der das – nein, nicht Talent: das Genie erkennt. Man verschickt Briefe mit seinen Berechnungen an große Mathematiker nach England. Indien steckt noch tief in der Kolonialzeit fest, Great Britain ist das Sehnsuchtsziel. In Cambridge nimmt sich der Mathematiker G. H. Hardy (Jeremy Irons) seiner an, versucht sein Denken zu disziplinieren und muss doch immer stärker erkennen, dass Ramanujan ihm etwas Unerreichbares voraus hat: eine Gabe.

    Es ist faszinierend zu sehen, wie europäischer Skeptizismus und auch Atheismus auf Bauchgefühl und große indische Religiosität treffen. Denn während Hardy ein Grantler ist, der mit menschlicher Nähe nur schwer zurechtkommt und dafür Zahlen um so mehr liebt, ist Ramanujan ein ganz anderer Typ. Seine Berechnungen sind fantasievoll, weit außerhalb der etablierten akademischen Struktur. Er scheint Zahlen und Lösungen komplexer Probleme regelrecht zu sehen, so wie ein Maler in Gedanken schon ein Bild, eine Tönung erkennt. Die Göttin Namagiri leite ihn in seinen Träumen an, sagt er zu seinem englischen Professor.

    Die Story fasziniert sofort, selbst wenn man zu Mathematik kaum Bezug hat

    Der Film „Die Poesie des Unendlichen“ ist eher konventionell erzählt. Egal, die Geschichte fasziniert sofort – selbst wenn man zu Mathematik kaum Bezug hat. Überhaupt: Fast hätte man sich noch mehr Mathe-Krimi gewünscht und weniger Menschelndes. Denn Ramanujan erkrankt bald an Tuberkulose; der Erste Weltkrieg bricht aus, es gibt kaum etwas zu essen. Ramanujan, aus Glaubensgründen Vegetarier, muss sich weitgehend mit Kohlkost behelfen. 1919 verlässt er England, in­zwischen als Fellow, weil ihn die Sehnsucht zurück nach ­Indien treibt. Dort stirbt er 1920.

    „Die Poesie des Unendlichen“ USA 2015,
    114 Min., ab 6 J., R: Matthew Brown, D: Dev Patel, Jeremy Irons, täglich im Blankeneser, Holi, Koralle