Elmshorn. Was Vierbeiner können müssen, wenn sie bei der Polizeireiterstaffel eingesetzt werden, zeigt der Ex-Polizist und Vorsitzende des Kreisreiterbundes Pinneberg Klaus Dibbern in Elmshorn

Wenn es hart auf hart kommt, müssen sie für ihre Reiter im Wortsinn sogar durchs Feuer gehen – es ist eine Kunst, ein Polizeipferd zu sein. Wie schwer, das demonstrierte Klaus Dibbern, bis vor zwei Jahren Leiter der Polizeistation Brande-Hörnerkirchen, bei einem Praxisseminar in Elmshorn. Mehr als 140 Zuschauer verfolgten gespannt das Geschehen im Parcours, den der 62-Jährige in der Reithalle seines Hofes eigens aufgebaut hatte. Dibbern ist ein ausgewiesener Experte in Sachen Polizeipferde. Fast die Hälfte seiner 43 Dienstjahre verbrachte er bis 1995 bei der Reiterstaffel in Lübeck. Der Mann weiß also genau, wovon er spricht.

Fünf Pferde hat Dibbern mitgebracht, der auch Vorsitzender des Kreisreiterbundes Pinneberg ist und häufig als Wertungsrichter bei Turnieren fungiert. Die Vierbeiner durchlaufen in Elmshorn den ganz besonderen Parcours mit seinen neun unterschiedlichen Stationen. Dabei werden die Tiere allem ausgesetzt, was sie grundsätzlich überhaupt nicht mögen: Lärm, brennenden Hindernissen und sehr nahe Menschenmengen, die Fan-Flaggen und Banner schwenken.

Ausgebildete Polizeipferde müssen in der Praxis vor allem starke Nerven beweisen. Sie werden etwa bei Demonstrationen eingesetzt, bei denen Ausschreitungen zu erwarten sind. Dann tragen Pferd und Reiter etwa 15 Kilogramm zusätzliche Ausrüstung, Augen- und Nasenschutz sind für die Tiere obligatorisch. Funkgerät und Handy des Reiters laufen parallel, können ausgebildete Polizeipferde aber nicht irritieren. Die Faustregel: Ein einziges Pferd kann in Sachen Präsenz in unübersichtlichen Situationen zehn Polizisten ersetzen.

Die Übungen sind laut, schrill und bunt, um die Nerven der Pferde zu testen

Die vier bis sieben Jahre alten Tiere werden an diesem Nachmittag auf Dibberns Hof in Elmshorn von jungen Reitern geritten, die Ruhe ausstrahlen. Zum Beispiel von Emilia Hamann, die Dibberns vierjährige Stute Sally gesattelt hat. Die erste Aufgabe: Das Pferd muss die Nerven bewahren, als Schüler große, bunte Länderflaggen schwenken und Sally damit berühren. Der nächste Stresstest: Klaus Dibbern schlägt in unmittelbarer Nähe des Tieres den Deckel einer leeren Mülltonne immer wieder auf und zu. Damit nicht genug: Dibbern zieht einen mit leeren Getränkedosen gefüllten großen Sack hinter sich her, der laut scheppert. Es folgen Schrittübungen auf unterschiedlichen Bodenbelägen, die ebenfalls ungewohnte Geräusche verursachen. Dann testet Dibbern, ob sich Sally und ihre vier Artgenossen etwa von einer bunt geschmückten Milchkanne, Luftballons, Sonnenschirmen, Flatterband oder in den Parcours geworfenen Bälle ablenken lassen oder sogar scheuen. Die wohl schwerste Disziplin ist das Spiel mit dem Feuer: Die Pferde gehen durch ein brennendes Hindernis.

Wenn der Reiter unentspannt ist,überträgt sich das sofort aufs Pferd

„Pferde sind Fluchttiere und haben Angst vor unbekannten Geräuschen oder optischen Eindrücken“, sagt Dibbern. „Wenn die Vierbeiner die Ursachen kennen, reagieren sie natürlich anders und gelassener als ungeschulte oder überraschte Pferde“, erklärt Dibbern. „Bei den Tieren müssen wir unterscheiden, wie stark oder schwach das jeweilige Lernpotenzial ausgeprägt ist. Das ist wie bei uns Menschen“, sagt der Pferdeexperte. „Wenn es mit einem liebgewonnenen Vierbeiner nicht klappen sollte, ist es immer schwer, sich zu trennen. Doch dann führt kein Weg daran vorbei“, sagt Dibbern.

Bei Emilia Hamann und Sally ist der Stresstest gut gelaufen. Allerdings gibt es auch hoffnungslose Fälle. Zum Beispiel ein Pony, das sich in der Halle samt Reiter hinlegt, sobald es gesattelt ist und den Dienst schlicht und konsequent verweigert.

Für Pferde, die potenziell für den Polizeieinsatz geeignet sind, und deren Reiter stehen hartes Training, ständige Wiederholungen und viel Disziplin auf der Agenda. „Grundeigenschaften wie Vertrauen, Gelassenheit und Lernwilligkeit zeigen sich innerhalb von vier Wochen“, sagt Dibbern. Die Vierbeiner sollen Reiteranweisungen folgen und kontrolliert nach vorne gehen. Die Pferde reagieren auf ihren Reiter. „Bin ich oben im Sattel unentspannt, ist mein Pferd es auch“, sagt Dibbern. Wenn alles klappt, ist das für den Reiter genug Ehre. Das Pferd indes bekommt seine eigene Belohnung: Möhren, Äpfel – und natürlich Streicheleinheiten.