Berlin.

Earth Day, der Tag der Erde, soll alljährlich dazu beitragen, den Schutz von Umwelt und Natur auf dem Planeten zu stärken. Am heutigen Freitag nehmen wieder mehr als eine Milliarde Menschen in 192 Ländern an Aktionen teil. Auch Hightechkonzerne zeigen Flagge für die Umwelt. Apples Apfel trug in ausgewählten Shops plötzlich ein grünes Blatt, und vor einigen Tagen startete das Unternehmen über die weltweiten App-Stores eine Kampagne: Die Einnahmen aus dem Kauf bestimmter Programme gehen an die Umweltstiftung WWF.

Doch wie grün ist die IT-Branche wirklich? Dass sich Hightechkonzerne wie Apple und Co. für Umweltschutz engagieren, ist naheliegend: Jede Google-Suchanfrage verbraucht Energie und hat so Anteil am weltweiten CO2-Ausstoß. Im Herbst 2011 nannte Google erstmals seinen Stromverbrauch: 2,26 Milliarden Kilowatt verheizten Googles Server im Jahr 2010. Das entspricht dem Bedarf einer deutschen Großstadt mit über 350.000 Einwohnern.

Die Cloud hat einen enormen Energiehunger

Die gesamte Cloud-Computing-Branche hat einen gewaltigen Energiehunger: Laut Schätzungen von Greenpeace lag der Verbrauch 2011 bei 684 Milliarden Kilowattstunden – mehr als der Gesamtbedarf Deutschlands (522 Mrd. kw/h) im selben Jahr. Ob diese Energie aus Kohle- oder Ökostrom stammt, macht natürlich einen erheblichen Unterschied für die Umwelt. Im jährlichen Report „Clicking Clean“ untersucht Greenpeace, wie hoch der Anteil an erneuerbaren Energien am Gesamtbedarf der Internetkonzerne ist. Laut dem jüngsten Bericht werden etwa bei Google noch 36 Prozent des benötigten Stroms aus den fossilen Energieträgern Kohle und Gas erzeugt, bei Facebook 35 Prozent. Amazon bezieht 48 Prozent und Ebay sogar 80 Prozent seines Stroms aus fossilen Quellen.

Dass es besser geht, will Apple beweisen. Schon ein Jahr zuvor betrieb das Unternehmen eigenen Angaben zufolge seine Server vollständig mit Ökostrom – und ist damit einsamer Spitzenreiter im Greenpeace-Ranking. Dass eine Siri-Anfrage oder ein iTunes-Einkauf von Apple-Seite zu 100 Prozent mit erneuerbarer Energie betrieben wird, soll für das Unternehmen aber nur eine Zwischenetappe sein. Apples erklärtes Ziel ist, alle Büros, alle Apple-Stores, ja sogar die eigenen Produktionsstätten vollständig emissionsfrei zu betreiben. Bei einem Presseevent im März erklärte Lisa Jackson, Apple-Managerin für alle Umwelt- und Sozialbelange, dass man dieses Ziel mittlerweile zu 93 Prozent erreicht habe.

Der ökologische Fußabdruck Apples ist groß

Insgesamt habe das Unternehmen im vergangenen Geschäftsjahr so 335.000 Tonnen CO2-Ausstoß vermieden – grob der CO2-Ausstoß von 200.000 Pkw in Deutschland. Das allerdings entspricht nicht einmal einem Prozent des Gesamt-CO2-Ausstoßes des Unternehmens. Der liegt laut jüngstem Apple-Umweltbericht bei 38,4 Millionen Tonnen. In den Umweltberichte ist selbst der ökologische Fußabdruck einzelner Geräte aufgeschlüsselt: So erfährt man etwa, dass ein iPhone 3G von Herstellung bis zum Recycling 55 Kilogramm CO2 verursacht, ein iPhone 6s dagegen 80 Kilogramm – 15 Kilo weniger als noch das iPhone 6. So auskunftsfreudig ist ansonsten niemand in der Branche. Mit der Konkurrenz vergleichbar sind die Werte deshalb nicht. Doch immerhin verdeutlichen sie, wie die ökologischen Herausforderungen in der Unterhaltungselektronikbranche gelagert sind. Der Großteil von Apples CO2-Emissionen, nämlich 77 Prozent, wird laut Bericht durch Herstellung von Rohmaterialien und Fertigung der Geräte verursacht. Das übernehmen – nicht nur bei Apple – meist externe, meist chinesische Zulieferunternehmen wie etwa Foxconn. Deshalb plant Apple zusammen mit zahlreichen Zulieferern in den kommenden Jahren Solaranlagen mit einer Gesamtleistung von vier Gigawatt – allein Foxconn werde in den nächsten zwei Jahren Solaranlagen mit 400 Megawatt Leistung errichten, die Strom für die Fabrik liefern, in der die iPhones zusammengebaut werden.

Innovationen kommen auch Konkurrenzunternehmen zugute

Tatsächlich haben solche Vorstöße eine weitreichende Dynamik – da Foxconn und andere Zulieferbetriebe meist etliche IT-Konzerne parallel beliefern. Somit kommen Apples Bemühungen früher oder später auch anderen Unternehmen zugute. Gleichzeitig wird es für Zulieferer im Wettbewerb um Topkunden wichtig, auf Ökostrom und effiziente Prozesse zu setzen. Aus Apples Umweltbericht ist auch eine andere große Herausforderung auf dem Weg zu ökologischer und nachhaltiger Produktion herauszulesen: Geräteentsorgung und der verantwortungsvolle Umgang mit Rohstoffen.

Der drohende Schatten des Elektroschrottbergs

Seit Einführung des iPhones hat Apple allein von seinem Smartphone weit über eine halbe Milliarde Stück verkauft. Früher oder später ein gigantischer Berg Elektroschrott – oder aber eine riesige Rohstoffquelle: Allein in 2015 nahm das Unternehmen knapp 41.000 Tonnen an Altgeräten zum Recycling entgegen. Über 25.000 Tonnen davon konnten für die Produktion neuer Geräte zurückgewonnen werden, darunter 10.000 Tonnen Stahl, 2000 Tonnen Aluminium und sogar drei Tonnen Silber und eine Tonne Gold.

Mit seinem neuen Recyclingroboter „Liam“ hofft Apple den Verwertungsprozess zu vereinfachen und energetisch zu optimieren. Bisher werden Geräte zur Rohstoffgewinnung nur teilweise zerlegt, anschließend geschreddert und in ihre einzelnen Bestandteile sortiert. Energiesparender wäre es aber, einzelne, hochwertige Bauteile wiederzuverwenden. Liam wäre ein wichtiger Schritt dahin: Pro Jahr zerlegt eine Roboterlinie bis zu 1,2 Millionen iPhones in seine Bestandteile.

Gerade in der Computer- und Smartphonefertigung spielen seltene Mineralien und Erden eine wichtige Rolle. Einige davon – etwa Coltan – werden in Konfliktregionen wie Kongo abgebaut. Vor zwei Jahren versprach Apple, dass es künftig auf den Einsatz von Mineralien aus Konfliktregionen verzichten will und legt seitdem eine komplette Liste aller Erzhütten vor, in denen Metalle für Apple-Geräte gewonnen werden. Tom Dowdall von Greenpeace: „Apple hat in der Vergangenheit seine Muskeln spielen lassen, damit Zulieferer gefährliche Substanzen aus ihren Produkten entfernen [...] und beweist jetzt, dass das gleiche auch funktioniert, um die Nutzung von Mineralien aus Konfliktregionen zu vermindern. Samsung und andere Unterhaltungselektronikunternehmen sollten Apples Beispiel folgen, damit die Industrie ihren Einfluss gebrauchen kann, um Geräte zu bauen, die besser für die Menschen und für den Planeten sind.“ Noch aber ist in dieser Hinsicht Luft nach oben.