Ein Rundgang durch die neuen Räume der Kunsthalle

Der repräsentative Eingang ist die eine wunderbare Neuerung der Kunsthalle. Mindestens genauso wichtig sind aber die Veränderungen, die das Herzstück des Hauses betreffen, die Kunst selbst. Die großzügige Förderung erlaubte es den Machern, beinahe sämtliche Räume anzufassen, zu renovieren und im Sinne einer besseren Orientierung für den Besucher neu auszurichten. Früher war es eine Herausforderung, sich in den drei Gebäuden – dem Gründungsbau, dem Gebäude mit der Rotunde und der Galerie der Gegenwart – zurechtzufinden. Nun kann der Besucher über zwei Rundgänge wahlweise zur Gegenwartskunst oder zur Kunst vor 1960 gelangen.

Über die große Eingangstreppe landet der Besucher direkt bei der Kunst und gerät ins Staunen. Der Rundgang startet bei den Alten Meistern (14. bis 18. Jahrhundert) wie Meister Bertram, Hans Holbein d. Ä. und Lucas Cranach d. Ä.. Die Gemälde hängen nicht streng chronologisch, sondern nach Themen geordnet. So ist zum Beispiel die italienische nun neben der deutschen Renaissance zu finden. In den kleinen Kabinetten setzt sich das Prinzip fort. „Jeder Raum hat nun Gewicht“, sagt Hubertus Gaßner. Bei der Hängung verfolgte er auch das Prinzip, kleine Bilder in große Räume zu hängen und große in kleine.

An den Stillleben vorbei flaniert der Besucher zu den Trinkerszenen und zum Philosophenkabinett. Hin zur holländischen Malerei des 17. Jahrhunderts, die Norden und Süden, die klassische Landschaft und die Erfahrungslandschaft verbindet. Im Übergang zum 19. Jahrhundert nimmt die Romantik großen Raum ein. Philipp Otto Runge ist, genauso wie Caspar David Friedrich, dessen Gemälde „Das Eismeer“ nun sehr prominent zu finden ist, ein eigener Raum gewidmet.

Der Übergang vom einen Flügel in den anderen vollzieht sich im Kuppelsaal. Von der Romantik und Aufklärung kommend, geht es kunsthistorisch weiter zur Empfindsamkeit. Zentraler Hingucker ist Johann Heinrich Füsslis (1741–1825) „Erschaffung der Eva“. Denker wie Kant und Goethe sind mit Büsten vertreten. Es folgen die „Deutschrömer“ wie Anselm Feuerbach und die französischen Maler der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und des Impressionismus mit Meisterwerken von Gustave Courbet, Edgar Degas und Édouard Manet sowie mit Werken des dem Realismus verpflichteten Max Liebermann. Über einen neuen Raum für Lovis Corinth gelangt der Besucher in die Räume der Klassischen Moderne, die 2006 bereits umfassend renoviert wurden und jetzt größere Umhängungen erfuhren. Hier findet er noch den bisherigen hellen Wandanstrich und das schwingende Parkett.

Bedeutende Werke der Epoche sind hier weiter zu finden. Oskar Kokoschka, Willi Baumeister, Oskar Schlemmer und die Künstler der Vereinigungen „Brücke“ und „Blauer Reiter“, wie Ernst Ludwig Kirchner und Franz Marc sowie Lyonel Feininger oder Wassily Kandinsky. Es folgen das Bauhaus mit Paul Klee und die Neue Sachlichkeit, mit George Grosz und der Hamburger Künstlerin Anita Rée. Inhaltlich finden sich auch hier nunmehr Nationenvergleiche mit ähnlichem Bildkontext. Ebenfalls neu ist die Rotunde gestaltet, die künftig Skulpturen zeigt.

Die Kunst ab 1960 von der Pop-Art bis heute erreicht der Besucher vom Haupteingang aus unterirdisch durch den Jenny-Holzer-Gang. Das gesamte Foyer der Galerie der Gegenwart ist leer geräumt, der Buchladen verschwunden zugunsten eines Projektraumes für zeitgenössische Kunst mit Namen „Neuland“. Die in Berlin und Seoul lebende südkoreanische Installationskünstlerin Haegue Yang wird sie als Erste mit neuen, unter anderem aus künstlichem Stroh errichteten Skulpturen bespielen.