Zuckerstückchen haben ausgedient. In Cafés und Coffeeshops gibt’s fast nur noch Rieselware in Minitütchen. Ein wehmütiger Rückblick.

Wer dem Affen Zucker gibt und sich so was Gutes gönnt, sollte zur Darreichungsform des Würfels greifen. Vorher schnell noch was Warmes in einem Hamburger Coffeeshop ordern – um mit Schrecken festzustellen: Würfelzucker gibt’s nicht mehr. Statt der praktischen Portionsstückchen im Doppelpack liegen als Zugabe nur Minitütchen mit Rieselzucker rum. Die Würfel haben sich Stück für Stück verabschiedet. Klammheimlich. Einfach so.

Wie schade. Denn mit nur einem Zuckerwürfel konnte man sich früher auch ohne Briefwaage (gibt’s auch kaum noch) problemlos auf die Hälfte der Portion beschränken. Das schafft das Augenmaß bei 3,5 Gramm losem Zucker nie. Und der Restwürfel stand in der Jackentasche als Energiereserve in Phasen des Leistungsabfalls zur Verfügung. Praktisch. Quadratisch. Gut.

Keiner weiß, warum die Würfel abhanden gekommen sind. Vielleicht aus Angst vor den Blitzen im Zuckerstück? Denn beim Zerbeißen senden die Kristalle Licht aus, ähnlich wie Funken zwischen Elektroden. Die Spannung ist jedoch so schwach, dass Forscher die Helligkeit ums Tausendfache verstärken müssen, damit sie sichtbar wird.

Als Trennungsgrund vom einst beliebten Würfel scheidet auch späte Rache am Erfinder aus. Johann Christoph Rad, Direktor der Datschitzer Zuckerraffinerie, heute im Süden Tschechiens, wollte seiner Frau doch bloß das lästige Zuckerhacken ersparen und erfand 1843 eine Maschine, die 400 Würfel auf einmal presste. Der Nebeneffekt: Nur in Würfelform ist Zucker von so süßer Anschaulichkeit. Kein Laie kennt die Dimension moderner Nano-Messmethodik – bis zu dem Vergleich: Lasertechnik kann sogar ein Zuckerstück im Bodensee nachweisen.

Das freut die Sammler der Internationalen Zucker-Tauschbörse. Am letzten Aprilwochenende stellen sie im Mainzer Best-Western-Hotel ihre Raritäten aus: Darunter vielleicht Würfel mit Waschmittelwerbung aus den 60er- Jahren oder mit Aufdrucken besorgter Gastwirte aus der Vorkriegszeit: „Bitte fahren Sie vorsichtig, ich kann es mir nicht leisten, einen Gast zu verlieren.“