Holm. Holmerin leitet Literaturkreise, organisiert Veranstaltungen, schreibt Bücher und vertritt eine umstrittene These zu Shakespeare

Ein Foto sagt manchmal mehr aus als viele Worte. Etwa wenn es dokumentiert, wie Barbara Werther Weihnachten 1950 gefeiert hat. Im Vordergrund ist ihr Bruder Roderick zu sehen, der sich über einen Nachbau der berühmten Sydney Harbour Bridge freut. Ihr Vater Walter Schütze hatte sie für die Modelleisenbahn gebaut. Im Hintergrund sitzt ein Mädchen, tief versunken in einem Buch.

Die Literatur hat Barbara Werther Zeit ihres Lebens begleitet. Heute leitet die Holmerin zwei Literaturkreise, gestaltet Veranstaltungen für den heimischen Kulturverein und hat sechs Bücher über ihre Lieblingsautoren verfasst. Ihr vorerst letztes wird demnächst während einer Veranstaltung vorgestellt. Und ihre umfangreichen Recherchen haben sie zur Streiterin für eine andere Sicht auf den größten Schriftsteller der Engländer gemacht. „Der, den wir für William Shakespeare halten, ist nicht der Verfasser dieser wundervollen Literatur.“

Zahlreiche Arbeitsgruppen sorgen in Holm für großes Kulturangebot

Zu ihrem Beruf hat Barbara Werther diese schöne Kunst allerdings nicht gemacht. Sie wurde Pädagogin, aber keine Deutschlehrerin. Arbeits- und Ernährungslehre sowie Wirtschaft unterrichtete die gebürtige Lübeckerin. Die passionierte Schwimmerin gab zudem Schwimmunterricht.

Ende der 1960er- und Anfang der 1970er-Jahre sorgte die Oberstudienrätin an der Gesamtschule Alter Teichweg mit dafür, dass der damals ultramoderne Schulversuch in Hamburg ein Erfolg wurde.

Mit der Pensionierung rückte die Liebe zum Buch wieder in den Lebensmittelpunkt. Barbara Werther lebte in Haselau und schloss sich in Ermangelung eines örtliche Kulturvereins dem Holmer Verein an. Zahlreiche Arbeitsgruppen sorgen für ein umfangreiches Kulturangebot. Die Konzerte, Lesungen und Vorträge sind für die Außenwirkung wichtig.

Es ist jedoch nur ein kleiner Teil der Vereinsaktivitäten. Professor Wilfried Gunkel hatte im Jahr 2000 einen Literaturkreis ins Leben gerufen. 2005 fragte er Barbara Werther, ob sie die Leitung übernehmen könnte. „Das kann ich nicht“, war ihre erste Reaktion. Nach ein bisschen Seelenmassage durch Professor Gunkel sagte die Pädagogin i.R. „Ja“.

Immer am letzten Mittwoch im Monat treffen sich etwa ein Dutzend Literaturfreunde im Dörpshus, um über Bücher zu diskutieren, die selbstverständlich alle vorher gelesen haben. Eine Zeit lang orientierte sich der Kreis an dem vom Literaturpapst Marcel Reich-Ranicki herausgegebenen „Kanon lesenswerter deutschsprachiger Werke“. Auch große Erzählungen wurden besprochen. Bei der Auswahl dominieren die Klassiker. Auf der Liste für 2016 stehen Werke von Christa Wolf, Hermann Hesse, Gustav Flaubert, Gustave Flaubert und Mario Vargas Llosa. Als Limit gilt: Das Buch darf nicht mehr als 500 Seiten haben.

Zwischenzeitig war Barbara Werther von Haselau nach Rissen gezogen. Dort nahm sie Kontakt zur St. Johanneskirche auf („eine ganz tolle Gemeinde“). Ein weiterer Literaturkreis wurde initiiert, den sie auch nach ihrem Umzug nach Holm weiter leitet. Beide Kreise kommen im Dezember zu einem gemeinsamen Treffen zusammen. Dann wird Weihnachten gefeiert und die Literaturliste für das kommende Jahr beraten.

2009 nahm Barbara Werther den 250. Geburtstag von Friedrich Schiller zum Anlass, sich intensiver dem Leben des deutschen Dichters des Sturms und Drangs zu widmen. Was sie im Literaturkreis vortrug, gefiel so gut, dass ein Mitglied anregte, sie möge ihre Erkenntnisse in einem Buch veröffentlichen. Sie wagte den Schritt, fand in dem Kulturverein einen Herausgeber. Es folgte 2001 ein ähnliches Werk aus Anlass des 220. Todestages von Heinrich von Kleist, das ebenfalls im Rahmen einer Veranstaltung vorgestellt wurde.

Diese und die noch folgenden Bücher sind ähnlich aufgebaut. Barbara Werther gibt biografische Hinweise, stellt die Handlungen dar, reflektiert das Schaffen des Künstlers, wie es in der Sekundärliteratur widergegeben wird. Zudem gibt sie wichtige Stellen aus dem Buch wider. „Viele Zitate, die wir im Alltag benutzen, haben ihren Ursprung in großen literarischen Werken“, erklärt sie. Zwischen acht und zehn Euro kosten die Bücher. Die Einnahmen decken nicht die Ausgaben.

Mittlerweile hat Barbara Werther vier Bücher über Shakespeare geschrieben

Damals wurde sie gefragt, welchem Thema sie sich als nächstes zuwenden wolle. „Auf keinen Fall Shakespeare“, sagte sie. Sie hat ihre Meinung geändert, denn mittlerweile sind vier Bücher über Shakespeare erschienen. Bei den Arbeiten stieß sie auf John Thomas Looney. Der englische Schullehrer begründet um 1920 die Oxford-Theorie, wonach Edward de Vere, der 17. Earl of Oxford (1550-1604), der wahre Autor ist. „Als Adliger durfte er nur Gedichte unter seinem Namen veröffentlichen, Theaterstücke nicht“, begründet sie ihre Position. Deshalb habe er diese unter einem anderen Namen, nämlich Shakespeare, geschrieben.

Der Mann aus Stratford-upon-Avon, den viele für den Autor der Theaterstücke halten, „konnte gar nicht lesen und schreiben“, sagt Barbara Werther. Doch gegen diese fundierten Erkenntnisse gebe es eine starke Lobby. Werther: „Schließlich besuchen Millionen Touristen England sowie Stratford-upon-Avon.“

Das neueste Buch von Barbara Werther ist „Romanzen & Problemstücke“ überschrieben. Sie stellt es am Sonnabend, 9. April, ab 19 Uhr im Dörpshus, Im Sande 1, vor. Ihre Ausführungen, unter anderem über die aus ihrer Sicht wahre Identität Shakespeares, leiten eine DVD-Vorführung ein. Es wird eine herausragende Verfilmung von „Ende gut, alles gut“ gezeigt. Der Eintritt ist frei, eine Spende für die Arbeit des Kulturvereins ist erwünscht. Kontakt: 04103/904 47 60.