Der Funktionär läuft immer zwischen den Mitarbeiterinnen einer Sojamilch-Fabrik in Nordkorea hin und her. Er trägt einen dunklen Parka und gestikuliert wild, während die Frauen in ihrer weißen Arbeitskleidung mit den roten Schürzen wie Soldatinnen in einer Reihe stehen. Er sagt: „Und dann fragen Sie Sin Mi, wie die Blumenausstellung war und gratulieren ihr dazu, dass sie jetzt bei den Jungpionieren ist.“ Die Frauen nicken. Dann sagt er: „Und los! Alle ­lächeln!“

Der Film „Im Strahl der Sonne“ ist voll von solchen Szenen, die Kamera fokussiert dann ganz nah auf die Gesichter der Zuhörerinnen, zeigt ihr zaghaftes Lächeln, das doch so ehrlich wirkt, vielleicht weil sie es so gut können, das Schauspielern im Alltag. Der Regisseur Vitaly Mansky hat ein Jahr lang in Pjöngjang das Mädchen Sin Mi begleitet, bei großen Feiern, beim Blumenwettbewerb, beim Tanzunterricht und beim heimischen Frühstück. Herausgekommen ist ein großartiges Zeitdokument vom Leben in Nordkorea. Vieles ist gestellt, doch weil die Kamera einfach weiterläuft, blickt der Zuschauer immer hinter die Kulissen eines Landes, in dem selbst das Paartanzen wie eine Militärparade aussieht.

Die schönen Bilder sind gemacht für die Leinwand, und manchmal erliegt man dem Gefühl: So schlimm ist es da gar nicht. Dafür schlägt ganz am Ende eine Szene besonders hart ein. Es ist der einzige Moment, in dem das Filmteam mit Sin Mi allein ist. Die Übersetzerin fragt: „Was erhoffst du dir für deine Zukunft?“ Sin Mi schaut nach unten, überlegt – und dann weint sie bitterlich.

„Im Strahl der Sonne“ D/R/CS/CVR 2015, 94 Min., ab 6 J., R: Vitaliy Manskiy, Metropolis (OmU)