Ich wohne in einem bürgerlichen Stadtteil, wo die Menschen ihre Vorgärten pflegen, man sich nett grüßt und jeder jeden kennt. Da fällt natürlich der auf, der anders ist. Seit ein paar Monaten wohnt hier ein junges Paar mit kleinen Kindern, dessen quietschgelber Kinderwagen aus den 70ern mit dünnen hohen Reifen sich wohltuend von den Hightechfahrzeugen der Nachbarn unterscheidet.

Der junge Mann mit Vollbart läuft grundsätzlich mit kurzen Cargohosen durch den Ort, egal ob es regnet oder schneit. Da schauen manche Bewohner immer etwas skeptisch. Die Krönung war aber, als er mit seinem Sohn offenbar das Fahrradfahren übte. Der kleine Junge flitzte vorneweg, ganz ordnungsgemäß mit Helm auf dem Kopf. Der Vater kam Kommandos rufend auf seinem Drahtesel kaum hinterher. Auch er hatte einen Helm auf: allerdings einen mit Hörnern. Dazu natürlich die kurzen Hosen. Da blieben etliche Anwohner mit offenen Mündern und kopfschüttelnd stehen. Und der junge Mann brüllte laut: „Ja, das ist ein Wikingerhelm und ja, es sind kurze Hosen. Nein, ich friere nicht!“ Ich habe selten so gelacht. Etwas Anarchie tut so einem Ort ja gut. Da hat man endlich mal wieder was zum Reden.