Hamburg. Scholz geht auf Bürger zu. Neues Computerprogramm soll Streit beenden. Volksinitiative sammelt über 10.000 Unterschriften

Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) setzt bei der Unterbringung von Flüchtlingen jetzt auf die Mitarbeit der Hamburger. Jeder Bürger sei aufgerufen, nach Flächen Ausschau zu halten. Grundlage für die Suche ist ein weltweit einzigartiges Computerprogramm des renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston, mit dessen Hilfe Flächen ausgewiesen werden können.

Scholz appellierte an alle Hamburger und auch an die Volksinitiative gegen Großunterkünfte, das Gelingen der Flüchtlingsunterbringung als gemeinsames Ziel zu begreifen. Nach Informationen des Abendblatts wurden innerhalb von vier Tagen mehr als 10.000 Unterschriften für die Volksinitiative gesammelt. Damit ist der erste Schritt zu einem Volksentscheid getan. Ziel ist es. die Zahl der Plätze pro Einrichtung auf 300 zu begrenzen.

Scholz sagte, es dürfe nicht sein, „dass die einen für die Problem­beschreibung zuständig sind und die anderen für die Problemlösung“. Er rief dazu auf, sich folgende Frage zu stellen: „Wie wäre es eigentlich, wenn ich Bürgermeister wäre und in Hamburg Unterkünfte finden müsste – was würde ich dann tun?“ Scholz stellte klar, dass es an der Zahl der Plätze selbst nichts zu rütteln gebe. 40.000 Menschen seien nach Schätzungen des Senats bis Ende des Jahres zusätzlich unterzubringen. Der Bürgermeister warnte davor, „das Problem kleinzurechnen“, in der Hoffnung, dass weniger Flüchtlinge kommen. Das hätte zur Folge, dass bis zu 20.000 Flüchtlinge dann obdachlos wären, so Scholz. „Dass wir noch mal 40.000 neue Plätze finden müssen, davon habe ich, was bei mir selten vorkommt, schlaflose Nächte.“

Nun seien alle Hamburger aufgerufen, in Workshops an der HafenCity Universität (HCU) daran mitzuarbeiten, Flächen zu finden. Die Universität stellt dazu eine aufwendige Technologie zur Verfügung, die von den Computerexperten am MIT in den USA entwickelt wurde. Auf zwei jeweils vier Quadratmeter großen Tischen kann das Modell der Stadt bis auf Flurstücksgröße heruntergezoomt werden. Jedes einzelne Flurstück ist mit Daten, etwa zu Bebauungsplänen oder der topografischen Beschaffenheit, hinterlegt. Auf dieser Grundlage können technisch aufgerüstete Legosteine als Symbole für Flüchtlingsunterkünfte verschoben werden. Je nachdem, wie viele dieser Legosteine verschoben werden, erhöht oder reduziert sich anderswo der Bedarf an weiteren Unterkünften.

„Fast 1,8 Millionen Hamburgerinnen und Hamburger haben ein gemeinsames Problem. Und am besten lösen wir das gemeinsam“, sagte Scholz. Spätestens Mitte Mai soll das Projekt starten. Die Vorschläge aus den Workshops werden vom Senat auf Machbarkeit geprüft und im besten Fall umgesetzt.

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