Kiel. Polizei sucht auf Handys nach Fotos und Videos der drei bedrängten Mädchen. Zeugen sollen aussagen: Wer war Täter, wer Schaulustiger?

Der mutmaßliche Angriff und die geschilderte sexuelle Nötigung im Sophienhof in Kiel beschäftigt weiter die Polizei und die Öffentlichkeit in der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt. War es ein Mob aus 20 oder 30 Männern, der drei junge Frauen verfolgte? Drei Tage nach den Geschehnissen im Einkaufszentrum am Kieler Hauptbahnhof gibt es neue Hinweise und Verwirrung um die Darstellung der Ereignisse. So hat die Kieler Polizei ihre bisherige Darstellung einer massiven Belästigung der drei Mädchen abgeschwächt.

Wie ein Sprecher mitteilte, untersuchten Experten noch, ob es auf den Handys der tatverdächtigen Flüchtlinge Fotos und Videos der Mädchen gebe oder nicht. Wie der NDR 1 Welle Nord berichtete, seien keine Fotos oder Videos gefunden worden. Am Freitag hatte die Polizei das als Tatsache geschildert.

Die Polizei sucht einen möglicherweise wichtigen Zeugen, der die Belästigung der drei jugendlichen Frauen beobachtet und mit ihnen während des Vorfalls gesprochen haben soll. Dazu werden die Überwachungskameras des Sophienhofes ausgewertet. Damit solle auch geklärt werden, wie viele Schaulustige unter den angeblich 20 bis 30 Männern waren. Mitarbeiter von Restaurants im Sophienhof hatten den Kieler Nachrichten das Geschehen aus ihrer Sicht geschildert und das Ausmaß der Übergriffe relativiert.

Zeuge: "Es war keine Massenbelästigung"

Ein Mitarbeiter eines Orient-Restaurants wurde mit den Worten zitiert: „Das ist direkt vor meiner Nase passiert. Aber das war keine Massenbelästigung.“ Es seien nur die beiden Afghanen gewesen, die „einen auf dicke Hose“ gemacht hätten. „Wenn ich gesehen hätte, dass die Mädchen Angst gehabt hätten oder dass die Situation eskaliert, wäre ich sofort über den Tresen gesprungen und hätte eingegriffen.“

Von 30 Beteiligten habe er nichts wissen wollen, schrieb die Zeitung. Bei den anderen habe es sich um Neugierige gehandelt. Eine andere Frau, die bei einem Italiener arbeitet, sagte der Zeitung zufolge, sie verstehe die ganze Aufregung nicht.

Diese Zeugen will die Polizei nun auch vernehmen. Als mutmaßliche Haupttäter galten nach Angaben der Polizei zwei 19 und 26 Jahre alte Asylbewerber aus Afghanistan. Sie sollen zuerst die Mädchen beobachtet, verfolgt und mit Mobiltelefonen gefilmt und fotografiert haben. Die beiden Afghanen und zwei weitere Verdächtige wurden vorläufig festgenommen, sind inzwischen aber wieder auf freiem Fuß. Bei ihrer Festnahme leisteten die Beschuldigten laut Polizei heftigen Widerstand. Dabei seien auch Beamte verletzt worden.

Die Kieler Polizei bittet Zeugen, sich unter den Telefonnummern 0431/160-1226 oder 0431/160-1210 oder im 2. Polizeirevier zu melden.