Obwohl seit 1947 keine britische Kolonie mehr, erinnert die Nationalfahne immer noch an den Union Jack. Silberfarn soll ihn ersetzen

Noch bevor die Briten darüber abstimmen, ob sie weiterhin zur EU gehören wollen, steht für ihre ehemaligen Untertanen in Neuseeland eine ganz andere, manche werden sagen: viel wichtigere Entscheidung an. 1,5 Millionen wahlberechtigte Kiwis stimmen im März ab, ob sie sich eine neue Flagge zulegen. Lassen wir uns doch die bisherige noch einmal vor unserem geistigen Auge aufziehen: In der linken oberen Ecke prangt der Union Jack, die restlichen drei Viertel sind für das Sternbild „Kreuz des Südens“ reserviert, das man am Südhimmel finden kann.

Seit 1869 weht sie so über dem Land, wahrscheinlich ist sie im Lauf der Zeit einfach zerschlissen. Aber auch sonst hat sich seitdem einiges getan. Neuseeland ist seit 1947 keine britische Kolonie mehr. Warum also weiter bei George, Andrew und Patrick zu Kreuze kriechen – sie bilden die Grundlage des Union Jack –, wenn man sein eigenes hat? Damit die linke obere Ecke der Flagge aber nicht leer bleibt, hat man nun einen schönen Silberfarn daraufgenäht und den Rest der Ecke schwarz gelassen, wahrscheinlich als Reminiszenz an das fantastische Rugby-Team des Landes, die All Blacks. Natürlich wird das wieder einige Menschen empören, wie heute ja fast alles. Sie seien daran erinnert, dass die deutsche Flagge 1869 noch schwarz-weiß-rot wehte, bevor später ein Hakenkreuz ihre Mitte verunzierte. Dann schon lieber Silberfarn. Das lässt sich doch prima hissen.

Und Hamburgs Flagge? Deren Ursprünge gehen bis auf die Hansezeit zurück, wie es sich für eine Handelsstadt gehört. Sollte auch da mal ein frischer Wind durch das zurzeit geschlossene Tor wehen? Der Zeitgeist, Traditionalisten immer schon suspekt, setzt heute auf Emojis, lustige Gesichter und Symbole aus dem App-Store. Vielleicht ließen die sich mit der Hamburg-Flagge kombinieren. Die wehte dann im Nordwestwind vor dem Rathaus, darauf ein Franzbrötchen oder eine Astra-Knolle auf rotem Grund. Das würde dem Gas­tro- und dem Fremdenverkehrsgewerbe wohl die Tränen in die Augen treiben. Nicht nur wegen der steifen Brise.