Blacksburg/Dresden.

Das Hantieren mit Handys trägt offenbar massiv zu Autounfällen bei. Eine große US-Studie deutet darauf hin, dass der Umgang mit Mobiltelefonen am Steuer derjenige Einzelfaktor ist, der Crashs besonders stark zunehmen lässt. Demnach steigern die Suche nach dem Gerät, das Telefonieren und besonders das Lesen und Texten das Unfallrisiko um fast das Vierfache, schreiben die Forscher in den „Proceedings“ der US-Nationalen Akademie der Wissenschaften. Das Phänomen könnte auch die wieder steigende Zahl der Verkehrstoten in Deutschland erklären.

Die Studie der Verkehrsforscher um Thomas Dingus vom Virginia Tech Transportation Institute in Blacksburg beruht auf einer beispiellosen Datenbasis. Das Team stattete Tausende Autos mit Kameras, Sensoren und Radar aus. „Ein bemerkenswertes Ergebnis dieser Analyse ist, wie oft Fahrer sich ablenkenden Tätigkeiten widmen“, schreibt das Team. In insgesamt 52 Prozent der Zeit am Steuer waren die Fahrer abgelenkt. Ablenkungen trugen zu gut 68 Prozent der Unfälle bei.

Besonders gefährlich sind demnach jene Ablenkungen, bei denen ein Fahrer den Blick von der Straße weg richtet. Der Griff zum Handy steigerte die Unfallgefahr etwa um das Fünffache, das Lesen und Schreiben von Nachrichten um das Zehnfache. Insgesamt erhöhte das Hantieren mit einem Handy die Wahrscheinlichkeit um den Faktor 3,6. „Die Häufigkeit von 6,4 Prozent der Fahrzeit gibt Anlass zu besonderer Sorge. Die Resultate der Studie liefern harte und schlüssige Belege dafür, dass Unfälle und Verletzungen reduziert würden, wenn Fahrer nicht mit Mobiltelefonen hantieren würden.“

Die Studie, die statt Simulationen am Computer erstmals reelle Daten vom Autofahren auswerte, liefere einen Überblick, wie auf US-Straßen gefahren werde, sagt Prof. Lars Hannawald, Geschäftsführer der Verkehrsunfallforschung (VUFO) an der TU Dresden. Trotz Unterschieden zwischen den USA und Deutschland seien die Daten übertragbar. „Nach langem stetigem Rückgang steigt die Zahl der Verkehrstoten in Deutschland seit Kurzem wieder an.“ Eine vermutete Ursache sei das Hantieren mit Handys. „Wir können den Zusammenhang aktuell nicht beweisen, aber diesem Anhaltspunkt müssen wir unbedingt nachgehen.“

Allerdings steigerte in der Studie nicht jede Ablenkung das Unfallrisiko: Wenn fahrende Eltern sich mit ihren Kindern auf der Rückbank beschäftigen, sank die Gefahr etwa um die Hälfte. Das überrascht Hannawald nicht: „Eltern fahren mit Kindern deutlich defensiver und vorsichtiger. Kinder im Auto sind somit gut für die Verkehrssicherheit.“