Schlagfertige Kommunikation kann man üben

Ob bei einem Bewerbungsgespräch oder im Job: Häufig wünschen sich Arbeitnehmer mehr Schlagfertigkeit. Sie wollen in peinlichen oder unangenehmen Situationen im Job schnell und witzig reagieren. Doch wer sich zu viel herausnimmt, kann eine Abmahnung kassieren oder er bekommt den neuen Job erst gar nicht. „Warum sollen wir gerade Sie einstellen?“ Das ist eine nicht so ungewöhnliche Frage bei einer Bewerbung. Wer die Blicke des Chefs spürt, und dann auch noch rot wird, hat schlechte Karten. Doch während man sich auf solche Situationen vorbereiten kann, kommen die Herausforderungen im Job eher unverhoffter.

Ein Kollege provoziert, weil man pünktlich Feierabend machtoder auch mal etwas früher geht: „Nimmst Du heute einen halben Tag frei?“ So ein Spruch hat fast jeder Beschäftigte schon einmal gehört. Er soll dem Gegenüber Schuldgefühle machen, obwohl es viele gute Gründe für den pünktlichen Feierabend geben kann. Aber so einen Satz sollte niemand auf sich sitzen lassen. „Unsouverän ist es, sich zu rechtfertigen“, sagt Rhetoriktrainer Matthias Pöhm. Man sollte also gar nicht erst versuchen, die Gründe zu erklären. Besser sei die unerwartete Zustimmung kombiniert mit einer Ablenkungsfrage, rät der Experte. So könnte die Antwort lauten: „Ja, und übrigens: Wie weit bist du eigentlich mit deinem Projekt?“ Das geht aber nur auf gleicher Ebene. Beim Chef kann die Situation anders sein. Nur wenn man weiß, dass er gern mal provoziert, darf die Antwort etwas schlagfertiger ausfallen. Aber dabei sollte man eher auf eigene Projekte Bezug nehmen als auf die Arbeit des Vorgesetzten.

In schwierigen Situationen hilft auch ein mildes Lächeln nicht immer weiter

Tatsächlich versäumen viele Menschen schlagfertige Situationen dadurch, dass sie einfach nur versuchen, nett zu sein. Wer Kritik und Angriffe im Büro immer mit einem Lächeln quittiert, hat schlechte Karten. „Wenn ich nicht schlagfertig reagiere, verliere ich an Souveränität und Würde, damit geht mein Selbstbewusstsein in den Keller“, erklärt Matthias Nöllke, der mehrere Bücher zur Kommunikation im Job geschrieben hat. „Und das hat Auswirkungen auf mein Auftretenund wie ich von anderen wahrgenommen werde.“ Aber Schlagfertigkeit setzt Selbstbewusstsein voraus. Wenn es einem schwerfällt, die eigenen Stärken zu ergründen, ist es hilfreich, gute Freunde nach ihrer Einschätzung zu befragen. Zu den Techniken der Schlagfertigkeit gehört die Retourkutsche. So zahlt man sozusagen Gleiches mit Gleichem heim.Der Konter wird aufgenommen und wörtlich an denjenigen zurückgegeben, der sich auf die andere Kosten profilieren wollte.

Eine weitere Technik ist die Besser-als-Technik. Diese ist ebenfalls bei Angriffen anzuwenden, fängt diesen ab und lässt am Ende den Angreifer als den schwächeren Part dastehen. Aber spätestens bei wenn ein Spruch die Grenze zur Beleidigungen überschreitet, hört der Spaß ganz auf. Das sei dann sogar strafrechtlich relevant, sagt Rechtsanwältin Nathalie Oberthür von der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). Beleidigungen sind nach dem Gesetz entweder Kraftausdrücke oder Schmähkritik. „Davon spricht man, wenn die Formulierung nichts mehr mit dem Kritikpunkt zu tun hat, sondern nur der Herabsetzung des Gegenübers dient“, sagt Oberthür. Genauso tabu sind alle Formen von Sexismus und Diskriminierung. Auch harmlose Sprüche können jedoch bereits rechtliche Konsequenzen haben. „Alles, was den Betriebsfrieden stört, ist arbeitsrechtlich untersagt“, sagt die Anwältin. Was das genau bedeutet, ist von Arbeitsplatz zu Arbeitsplatz und von Fall zu Fall unterschiedlich.

„Ein Faktor ist immer, in welchem Kreis ich etwas sage, also in großer Runde oder unter vier Augen“, erklärt Oberthür. „Wichtig ist auch, ob jemand etwas nach reiflicher Überlegung oder im Affekt sagt.“ Eventuell endet ein dummer Spruch dann nur mit einer Ermahnung. Bei wiederholten Verstößen kann falsch verstandene Schlagfertigkeit aber auch mit einer Abmahnung oder der Kündigung enden.