London.

Wieder bringen sich die Fernsehteams im Londoner Stadtteil Knightsbridge in Stellung – in der dortigen Botschaft von Ecuador residiert der berühmteste Flüchtling der Welt: Julian Assange. Der Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks ist erneut weltweit Thema in den Fernsehnachrichten. Der Grund: Am Freitag hat die WGAD, ein Gremium der Vereinten Nationen, das Zwangsexil von Assange als illegal eingestuft.

Die Expertengruppe des Uno-Sicherheitsrates fand deutliche Worte. Die „Formen der Freiheitsberaubung, denen Julian Assange ausgesetzt wurde“, so die WGAD, stelle „eine Form der willkürlichen Inhaftierung“ dar. Assange solle umgehend freigelassen und ihm ein Anspruch auf Entschädigung eingeräumt werden. Die Reporter in London wurden allerdings enttäuscht. Assange trat zwar auf den Balkon, nicht aber aus dem Botschaftsgebäude hinaus. Hätte er dies gewagt, wäre er sofort von der dort auf ihn wartenden Polizei verhaftet worden.

Assange steckt seit dreieinhalb Jahren in der Botschaft fest, nachdem er im Juni 2012 dort politisches Asyl erhielt, um der Auslieferung nach Schweden zu entgehen. Die schwedische Justiz will ihn zu einem Vorwurf der Vergewaltigung vernehmen. Assange widersetzt sich der Auslieferung, weil er befürchtet, von Schweden aus in die USA „weitergereicht“ zu werden. Dort drohe ihm, so der 44-jährige Australier, ein Prozess wegen Geheimnisverrats und möglicherweise lebenslange Haft. Seine Enthüllungsplattform Wikileaks hatte im Jahr 2010 geheime diplomatische Depeschen von US-Botschaften in der ganzen Welt veröffentlicht. Die daraus resultierende Flut an Enthüllungen hat Assange zur Hassfigur in den USA werden lassen.

Der 44-Jährige leidet an chronischer Lungenentzündung

Die dreieinhalb Jahre Hausarrest haben Assange körperlich zugesetzt, wie seine Mutter Christine sagte. „Er hat Herzprobleme“, sagte sie, „eine chronische Lungenentzündung.“ Assange haust in einer ehemaligen, zum Schlafzimmer umgebauten Damentoilette, bekommt kein direktes Sonnenlicht.

Sowohl die britische als auch die schwedische Regierung wiesen die Uno-Bewertung energisch zurück. Die beteiligten Experten, so erklärte das schwedische Außenministerium in Stockholm, hätten kein Recht, sich in laufende Justizangelegenheiten einzumischen. Der britische Außenminister Philip Hammond nannte die WGAD-Entscheidung „einfach lächerlich“. Assange werde nicht unrechtmäßig festgehalten, vielmehr halte er sich aus eigenem Willen in der Botschaft auf.

Auch wenn Assange nicht vor das Botschaftsgebäude trat, gab er per Zuschaltung zu einer von seinen Anwälten organisierten Pressekonferenz ein langes Statement ab. Die Uno-Entscheidung als „lächerlich“ zu bezeichnen, sei unter der Würde eines Außenministers, sagte Assange mit Blick auf Hammond. Schweden und Großbritannien seien verpflichtet, den Spruch der WGAD umzusetzen, denn die Länder hätten die Menschenrechtscharta unterschrieben. Andernfalls müssten sie mit Sanktionen rechnen.

Das Patt zwischen dem Wikileaks-Gründer und seinen Verfolgern bleibt. Aber der Kampf scheint jetzt erst richtig loszugehen.