Palma.

Es ist der Tag, den Spaniens Königshaus seit Langem gefürchtet hat: Am Montag, 11. Januar, muss Prinzessin Cristina, die Schwester von König Felipe, auf der Anklagebank in Palma de Mallorca Platz nehmen. Ein Bild, das um die Welt gehen wird. Und das dafür steht, dass die in Spanien verbreitete Korruption und Selbstbereicherung vieler Amtsträger offenbar auch vor dem Königshof nicht haltmacht. Zumindest nach Meinung der Ermittler, die der 50-jährigen Prinzessin vorwerfen, zusammen mit ihrem Mann Iñaki Urdangarin öffentliche Gelder ergaunert und Steuern hinterzogen zu haben.

Das Interesse an diesem Jahrhundertprozess, wie ihn spanische Medien tauften, ist so groß, dass die Strafkammer des Landgerichts Palmas umziehen wird: In einen Veranstaltungssaal im Industriegebiet der mallorquinischen Inselhauptstadt. Mehr als 600 internationale Journalisten haben sich angemeldet. Sie versprechen sich viel: Es ist ein Verfahren, in dem noch peinliche Details ans Tageslicht kommen könnten.

Cristinas Stiftung soll nur der eigenen Bereicherung gedient haben

Es ist das erste Mal, dass sich ein Mitglied der spanischen Königsfamilie, die früher zu den angesehensten Royals der Welt gehörte, vor Gericht verantworten muss. Und es ist der Höhepunkt von fünfjährigen Ermittlungen, die den Ruf des Königshauses schwer schädigten. Als Konsequenz räumte König Felipe, der im Sommer 2014 seinem Vater Juan Carlos auf den Thron folgte, am Hof auf und versprach eine „erneuerte Monarchie“: Er distanzierte sich von seiner Schwester, entzog ihr den Adelstitel „Herzogin von Palma de Mallorca“ und verbot ihr, das Königshaus bei öffentlichen Anlässen zu repräsentieren.

Ermittlungsrichter José Castro füllte mit seinen Untersuchungen rund 25.000 Aktenseiten. Im Zentrum steht eine angeblich gemeinnützige Stiftung namens Nóos, die von Cristinas Ehemann Urdangarin und seinem Geschäftspartner Diego Torres gegründet wurde. Im Nóos-Vorstand saß auch Cristina als Beirat. Doch diese Stiftung diente laut Ermittlern nicht dem Gemeinwohl, sondern der persönlichen Bereicherung: Mithilfe von Politikern und hohen Verwaltungsbeamten soll sich die Stiftung Geld aus öffentlichen Kassen erschlichen haben. Und sie war vermutlich eher eine Lobbyorganisation, die königlichen Einfluss gegen Bezahlung anbot. Cristina sei das Aushängeschild für die Stiftung gewesen, um an Gelder zu gelangen.

Allein von den Regionalregierungen der spanischen Baleareninseln samt Mallorca, Valencia und Madrid sollen mehr als sechs Millionen Euro an öffentlichen Mitteln an die zweifelhafte Stiftung gezahlt worden sein. Die dafür nach Aktenlage außer ein paar hoheitlichen Telefonanrufen nicht viel getan haben soll. Unter den insgesamt 18 Angeklagten befindet sich auch der frühere regionale Regierungschef der Balearischen Inseln, Jaume Matas.

Urdangarin und sein Geschäftspartner Torres müssen sich wegen Unterschlagung, Betrug, Dokumentenfälschung, Geldwäsche und Steuerhinterziehung verantworten. Die beiden gelten als die Strippenzieher jenes Unternehmensnetzes, mit dem die Gelder kassiert, über ausländische Konten gewaschen und Betriebsgewinne am Fiskus vorbeigeschleust wurden. Ihnen drohen bei einer Verurteilung bis zu 19 Jahre Haft. Prinzessin Cristina wurde von Untersuchungsrichter Castro als „Komplizin“ bezeichnet. Ihr gehörte mit Urdangarin eine weitere Scheinfirma namens Aizoon, die Familieneinnahmen verwaltete, aber vor allem dem Steuerbetrug gedient haben soll. Der Richter wirft Cristina aktive Beihilfe vor: In der Tarnfirma Aizoon seien systematisch Rechnungen gefälscht worden, um möglichst keine Steuern zu bezahlen. Privatausgaben des Paares für Partys oder Reisen seien als Geschäftsausgaben abgerechnet worden. Zudem seien erhebliche Mengen an Schwarzgeld geflossen. Die Prinzessin sei dabei jahrelang als „Schutzschild“ gegenüber dem Finanzamt eingesetzt worden, um Nachfragen und Prüfungen zu verhindern.

Trotz dieser Vorwürfe zeigt sich die Staatsanwaltschaft erstaunlich großzügig und fordert sogar, die Anklage gegen sie fallen zu lassen – was vielleicht auch damit zusammenhängt, dass Spaniens Regierung und das Königshaus hinter den Kulissen alles getan haben sollen, um Cristinas Verurteilung zu vermeiden.

Cristina steht wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung vor Gericht. Doch da der Staatsanwalt dies nicht als Delikt wertet und auf Freispruch plädieren will, könnte die Prinzessin mit einem blauen Auge davonkommen. Die Rufschädigung des spanischen Königshauses aber wird noch Jahrzehnte währen.