Früher waren Weihnachten weiß? Warum Erinnerungen manchmal mit uns ganz schön Schlitten fahren

Mit Statistiken kann man ja alles beweisen, nur nicht die Wahrheit. So verhält es sich auch in diesem Fall, in dem uns die Zahlen unsere Erinnerung vermiesen wollen. Unsere Erinnerung an Weihnachten voller Schnee, Frost und Schlittschuhlaufen bis zum gefrorenen Rotz unter der Nase.

Weiße Weihnachten gab es früher doch definitiv häufiger als heute, wo man Heiligabend sogar draußen grillen könnte, oder? Nein, stimmt überhaupt nicht, sagen die Meteorologen vom Deutschen Wetterdienst. Nach Auswertung der vergangenen 60 Jahre habe sich an der Schneewahrscheinlichkeit nichts geändert. Über fast flächendeckend weiße Weihnachten durften sich die Deutschen zuletzt im Jahr 2010 freuen, davor rieselte es Gefrorenes 1986, 1970, 1969 und 1963. Öfter nicht. Laut Statistik haben die Hamburger an Heiligabend nur in jedem achten Jahr die Chance auf Schnee. Mit der Hoffnung darauf verhält es sich also ähnlich wie mit der Hoffnung auf einen freien Parkplatz in Eimsbüttel ab 20 Uhr.

Seltsamerweise geben in einer repräsentativen YouGov-Umfrage 78 Prozent der Leute an, dass die Festtage früher viel winterlicher gewesen seien. Kann eine Mehrheit irren? Wenn man den Volksentscheid zu Olympia bedenkt, tja … Aber was ist mit Rolf Zuckowski? Der Hamburger wäre mit seinem „Es schneit, es schneit, kommt alle aus dem Haus“ doch nie so erfolgreich gewesen, hätten hier stets tropische Winter geherrscht. Alles Verklärung und Nostalgie? Die Lust auf Gemütlichkeit mit Kaminfeuer und Schneeballschlacht scheint nie so groß zu sein wie zu den Festtagen, und da zaubert unser Gedächtnis aus einem gefrorenen Tümpel schnell mal einen Ozean. Am Ende war früher wahrscheinlich nicht mal mehr Lametta! Kaum auszudenken, würden die Statistiker auch noch Loriots granteligem Opa aus dem Sketch „Weihnachten bei Hoppenstedts“ des Irrtums überführen.

Erinnerungen sind Konserven für Gedanken. Sie halten die Bilder lange frisch, doch irgendwann läuft auch ihr Haltbarkeitsdatum ab, und dann wird alles zu einem Einheitsbrei, der in diesem Falle eben weiß aussieht – in Wirklichkeit aber grün ist. Immerhin: Grün ist die Hoffnung. Die Hoffnung auf weiße Weihnachten!