Hamburg. UKE-Ärzte sehen keine Überlebenschance für den Einjährigen. Gegen die Mutter und ihren Lebensgefährten wird ermittelt

Die Nachricht platzte mitten in die Gedenkveranstaltung für Yagmur: Genau zwei Jahre nach dem gewaltsamen Tod des Mädchens, an das Kinderschützer aus ganz Deutschland am Freitag in der Patriotischen Gesellschaft erinnerten, ist in Hamburg ein weiterer schwerer Fall von Kindesmisshandlung bekannt geworden.

Nach Angaben der Polizei wurde der erst 13 Monate alte Tayler aus Altona-Nord bereits am vergangenen Wochenende mit lebensgefährlichen Hirnverletzungen ins UKE eingeliefert. Die Schäden sind offenbar so schwerwiegend, dass die Ärzte inzwischen die Hoffnung auf Genesung aufgegeben und alle lebenserhaltenden Maßnahmen eingestellt haben.

Bei der Einlieferung per Rettungswagen wurde der kleine Junge von seiner Mutter begleitet. Das Kind war so schwer verletzt, dass es beatmet werden musste. Nach einer Notoperation kam Tayler auf die Kinderintensivstation. Als Polizisten in der Uniklinik eintrafen, war die Mutter bereits verschwunden. Sie wurde später in ihrer Wohnung festgenommen.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt jetzt gegen sie und ihren Lebensgefährten. Sie sollen jedoch beide bestritten haben, an den Verletzungen des Kindes schuld zu sein. Nach Abendblatt-Informationen beschuldigen sie sich gegenseitig. Inzwischen sind die Mutter und ihr Lebensgefährte wieder auf freiem Fuß, weil sich gegen keinen von beiden ein konkreter dringender Tatverdacht erhärtet hat.

Die Parallelen zum Fall Yagmur sind frappierend. Wie bei dem Mädchen aus Billstedt hat es auch dieses Mal offenbar fatale Fehlentscheidungen von Behördenmitarbeitern gegeben. Bereits im August hatten Klinikärzte bei Tayler schwere Verletzungen festgestellt. Er wurde deshalb wie Yagmur in einer Pflegefamilie untergebracht. Als Grund wurde Kindeswohlgefährdung angegeben. Das zuständige Jugendamt in Altona entschied dann aber im Oktober, dass das Baby auf Wunsch seiner Mutter wieder zurückgeführt werden könne. Die Frau erhielt die Auflage, eine sogenannte sozialpädagogische Familienhilfe in Anspruch zu nehmen. Diese Aufgabe übernahm die Einrichtung Rauhes Haus. Die zuständige Sozialpädagogin sah Tayler noch am Tag vor der Einlieferung in das UKE und stellte Hämatome fest. Allerdings meldete sie diese nicht an das Jugendamt weiter. Laut Uwe Mann van Velzen, Sprecher des Rauhen Hauses, glaubte die Mitarbeiterin, dass es sich um Sturzverletzungen bei „Gehversuchen“ des Jungen gehandelt habe. „Das Kind lernte gerade laufen. Es gab keine Anhaltspunkte für Misshandlungen.“ Die Nachricht von den lebensgefährlichen Verletzungen sei für das Rauhe Haus „wie aus heiterem Himmel“ gekommen.

Seite 11 Das Martyrium des kleinen Tayler