Hamburg. Landgericht erkannte auf Mord – Prozess unter Ausschluss der Öffentlichkeit, weil der Täter damals noch minderjährig war

Es war ein Verbrechen, das viele Hamburger schockierte: Gestern ist ein 18 Jahre alter Schüler, der im April einen Klassenkameraden erstochen hatte, von einer Jugendkammer des Landgerichts wegen Mordes zu fünf Jahren und drei Monaten Jugendstrafe verurteilt worden. Das Opfer war damals noch am Tatort im Klassenraum der Wilhelmsburger Nelson-Mandela-Schule an seinen Verletzungen gestorben.

Der Prozess, der Ende September begann, fand einschließlich der Urteilsverkündung unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, weil der Angeklagte zur Tatzeit erst 17 Jahre alt war. Details aus der Urteilsbegründung wurden nicht bekannt. Dem Täter Armin R. war von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen worden, am 14. April seinem gleichaltrigen Mitschüler mit einem Küchenmesser in den Rücken und ins Gesicht gestochen zu haben, als dieser ihm den Rücken zugewandt hatte. Der Jugendliche habe nicht mit einem Angriff gerechnet, hieß es weiter. Als er schwer verletzt zu Boden ging, habe der Täter weiter auf den Kopf- und Rumpfbereich eingestochen. Das Opfer erlitt insgesamt 14 Stichverletzungen.

Die Mitschüler, die teilweise Zeugen der Tat wurden, flüchteten entsetzt aus dem Klassenraum, der in einem Schulcontainer untergebracht war. Der Messerstecher blieb dagegen am Tatort und ließ sich später widerstandslos festnehmen. Nach Angaben der Polizei vom April war der Mitschüler in einer Pause in den Klassenraum gekommen, um mit ihm zu reden. Nach einem Wortgefecht habe er dann mit einem Messer auf den Mitschüler einge­stochen. Das Motiv blieb unklar. Betreuer erzählten später, Armin R. sei „lern­begierig und höflich“ gewesen. „Er wollte seinen Schulabschluss machen und später studieren“, sagte eine Pä­dagogin.

Das Opfer und der jetzt Verurteilte stammen aus Afghanistan und waren als unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Hamburg gemeldet, wo sie an einem internationalen Deutschvorbereitungskursus teilnahmen. Die Nelson-Mandela-Schule in Hamburg-Wilhelmsburg besuchen 1000 Schüler aus mehr als 50 Nationen.

„Wir stehen erschüttert vor einer Gewalttat, die uns fassungslos macht“, sagte Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) damals bei einem Besuch der Schule. „Es ist ein Schatten auf unsere Stadt gefallen.“

Der Direktor der Nelson-Mandela-Schule sagte: „Am Ende werden wir niemals einen Sinn in diesem Mord finden. Nur neue Fragen.“

In den Wochen nach der Tat waren Psychologen dauerhaft auf dem Gelände, um Jugendlichen bei der Bewältigung der Erlebnisse zu helfen. Auch die Trauma-Ambulanz des UKE stellte kurzfristig Therapieplätze bereit. Die Schüler zogen später aus dem Container in das Hauptgebäude der Schule um, um nicht ständig an die Bluttat erinnert zu werden.