Athen/Hamburg. Wintereinbruch – am Sonntag kamen nur noch 155 Migranten übers Meer. Städtetag fordert in Hamburg mehr Hilfe vom Bund

Statt Tausenden nur noch einige Hundert: Die Zahl der Asylbewerber, die von der Türkei aus über das Mittelmeer nach Griechenland kommen, ist seit dem Wochenende abrupt zurückgegangen. Am vergangenen Sonntag zählte die Internationale Organisation für Migration (IOM) auf den griechischen Inseln lediglich 155 neue Flüchtlinge – am Tag zuvor waren es noch knapp 3000 Menschen gewesen. Auch an den darauffolgenden Tagen hielt der Trend an.

In der IOM-Mitteilung heißt es: „Die Abnahme ist signifikant, zumal seit Anfang November rund 100.000 Flüchtlinge nach Griechenland über­gesetzt haben, also durchschnittlich 4500 Menschen pro Tag.“ Seit dem 17. November wurden auch keine weiteren Todesfälle bei den Bootsflüchtlingen mehr verzeichnet.

Als Hauptgrund für den Rückgang der Flüchtlingszahlen wurde das schlechte Wetter mit Winterstürmen angegeben. Unbestätigt blieben gestern Berichte von der Insel Lesbos, dass möglicherweise auch verschärfte türkische Patrouillenfahrten und Grenzkontrollen zum Rückgang beigetragen haben. Am Sonntag ist ein Sondergipfel der EU-Staats- und Regierungschefs mit der Türkei geplant. Dabei soll ein Aktionsplan für eine verstärkte Zusammenarbeit in der Flüchtlingskrise vereinbart werden.

Experten gehen davon aus, dass der Rückgang der Flüchtlingszahlen in der Ägäis sich bald auch am Zuzug nach Deutschland bemerkbar machen könnte. Am Mittwoch registrierte die Bundespolizei aber noch 7524 Neuankömmlinge in Deutschland, davon 6054 in Bayern. Ein Sprecher verwies darauf, dass ein Teil der Personen nur durchreise, um etwa nach Skandinavien zu kommen.

An den österreichischen Übergangsstellen an der Grenze zu Slowenien in Spielfeld und Bad Rakersburg befanden sich gestern Vormittag dagegen überhaupt keine Flüchtlinge mehr. Ein Polizeisprecher in der Steiermark sagte: „Vom Trend her geht es auf jeden Fall zurück. Warum, wissen wir nicht.“ Auch die Polizei in Kärnten meldete eine „äußerst ruhige Lage“. Allerdings, so ein Beamter, befänden sich offenbar an der mazedonisch-serbischen Grenze noch Tausende Flüchtlinge, ebenso in Kroatien.

Besonders angespannt ist die Lage an der griechisch-mazedonischen Grenze. Mazedonien lässt seit vergangener Woche nur noch Flüchtlinge aus Syrien, dem Irak und Afghanistan ins Land. Andere Asylsuchende werden pauschal abgewiesen. Das Auffanglager auf der griechischen Seite der Grenze ist nach IOM-Angaben überfüllt.

Unterdessen hat der Deutsche Städtetag die Bundesregierung aufgefordert, deutlich mehr Geld für die Integration von Flüchtlingen auszugeben. „Bei den Kommunen liegt die Hauptlast, weil bei uns die Flüchtlinge letztlich ankommen“, sagte Eva Lohse, die Präsidentin des Deutschen Städtetags, am Donnerstag nach einer Tagung der Spitzengremien ihres Verbands in Hamburg. „Wir alle geben unser Bestes und wollen unserer Verantwortung gerecht werden.“ Aber die Städte und Kommunen seien an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit angelangt und dürften nicht überfordert werden.

Lohse, die Oberbürgermeisterin von Ludwigshafen ist, fordert die Bundesländer auf, die vom Bund für jeden Flüchtling zur Verfügung gestellten 670 Euro vollständig an die Kommunen weiterzugeben. Welche Länder einen Teil des Geldes für sich behalten, wollte sie nicht sagen. Außerdem mahnte Lohse eine Entschlackung des Baurechts an, damit Wohnungen für Flüchtlinge und Bedürftige gebaut werden könnten.

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