New York .

Als Patrick Hardison am 5. September 2001 in ein brennendes Haus rennt, will er das Leben einer Frau retten. Dann stürzt das Dach auf den Mann von der Freiwilligen Feuerwehr in Senatobia im US-Bundesstaat Mississippi: Die Atemmaske schmilzt auf seinem Gesicht, Hardison überlebt mit schwersten Verbrennungen. Jetzt hat der Mann wieder Hoffnung auf ein normales Leben: Er hat eine Gesichtstransplantation in New York gut überstanden, es war die bislang umfangreichste der Medizingeschichte.

26 Stunden lang hatte ein großes Team aus Spezialisten den inzwischen 41-Jährigen Mitte August im Langone Medical Center der New York University operiert. Es gehe Patrick Hardison gut, auch wenn er noch daran arbeite, seine Kraft und Sprachfähigkeit zu verbessern, teilte die Klinik jetzt mit.

Durch das Feuer hatte Hardison seine Augenlider und Lippen, seine Ohren, Teile seiner Nase und sein Haar verloren. Verbrennungen dritten Grades zerstörten sein Gesicht, die Haut an Kopf, Hals und Oberkörper. 14 Jahre lang konnte er seine Augen nicht mehr komplett schließen. „In seinem Gesicht war kein normales Gewebe übrig geblieben“, beschreibt Dr. Eduardo D. Rodriguez, der Chefarzt der Plastischen Chirurgie am Langone Medical Center, der für die Transplantation verantwortlich war.

14 Jahre lang konnte Patrick Hardison seine Augen nicht mehr schließen

70 Mal musste Hardison nach dem Unfall operiert werden, mehrfach wurde Haut vom Oberschenkel in sein Gesicht transplantiert. „Ähnlichkeit mit normaler Anatomie“, wie Dr. Rodriguez es formuliert, konnten die Ärzte dabei nicht mehr erreichen, Hardisons komplettes Gesicht sei „eine einzige, riesige Narbe“ gewesen. Sprechen und essen verursachten dem Vater von drei Kindern große Schmerzen. Ohne Baseballkappe, Ohrprothesen und Sonnenbrille war Patrick Hardison 14 Jahren lang nicht mehr vor die Tür gegangen. Er konnte kaum noch sehen, weil die Ärzte die Haut um seine Augen so weit zugenäht hatten, dass nur kleine Löcher übrig blieben; so sollten die Augen geschützt werden. Ein Jahr warteten Hardison und seine Ärzte auf einen passenden Spender. Dann stimmte die Familie eines tödlich verunglückten Radsportlers zu. Mit der Operation wollte das medizinische Team dafür sorgen, dass er „wieder normal“ aussehe, sagt Rodriguez.

26 Stunden dauerte die Transplantation des Gesichts am 14. August, 100 Spezialisten waren daran beteiligt. „Ich bin nicht nervös, ich bin aufgeregt“, hatte Hardison vorher gesagt. Waren bei früheren Gesichtstransplantationen die Haut, Lippen, Knochen, Muskeln und Blutgefäße verpflanzt worden, kamen bei Hardisons Operation weitere große Teile des Kopfes dazu: Die Kopfhaut, die Ohren und Gehörgänge, Teile der Wangen- und Kinnknochen und die komplette Nase. Die Experten beschreiben das Transplantat als eine Art „Kapuze“, die dem Patienten übergestülpt wurde. Die Chirurgen schafften es sogar, Hardisons Augenlider zu ersetzen – mit den Muskeln, die für den Lidschluss zuständig sind.

Nach Angaben von Operateur Rodriguez ist nie zuvor bei einer Gesichtstransplantation so viel Gewebe verpflanzt worden. An vier Stellen wurde Knochen des Spenders mit dem Schädelknochen des Empfängers verbunden, um zu verhindern, dass das neue Gesicht herunterhängt. Eine Animation des Langone Medical Centers zeigt, wie kompliziert und umfangreich die Operation war (http://bit.ly/1NZA9T6). Bisher scheint sie ein Erfolg zu sein. Im Laufe der Zeit werde bei oberflächlicher Betrachtung nicht mehr auffallen, dass etwas „anders“ ist an Hardisons Gesicht, glaubt Operateur Rodriguez.

Hardison selbst bedankte sich bei dem Spender, dessen Familie und dem Ärzteteam. Er sagte: „Sie haben mir mehr gegeben als ein neues Gesicht. Sie haben mir ein neues Leben gegeben.“