Was wurde aus dem Land, wo die Matronen glüh’n? Italiens Nationales Statistikinstitut meldet eine bedenkliche Entwicklung der Amore-Kultur

Ah! Italien! Der US-Autor Mark Twain, der ja viel herumgekommen ist, meinte einmal, der Schöpfer habe Italien nach Entwürfen von Michelangelo geschaffen. Und der deutsche Dichterfürst Schiller jauchzte, in den welschen Landen umgebe ihn der „Schönheit Glanzgewimmel“. Allein die wohl tönende Sprache! Wobei hier mal klargestellt werden muss, dass Garibaldi ein Rebellenführer war und nicht das italienische Wort für Schnellkochtopf.

Und dann natürlich die Frauen! Ein Land, das Monica Bellucci hervorbringen konnte, sollte eigentlich vor Kindersegen überquellen. Doch nichts da mit Gewimmel; das Gegenteil ist der Fall. Es gibt immer weniger Bambini, und sogar die Zahl der Eheschließungen ist nach jüngster Erhebung des Nationalen Statistikinstituts Istat in den vergangenen sechs Jahren um ein weiteres Viertel gesunken. Vorbei die Zeit, in der ein Amerikaner tönte: „Gib mir Stahl, und ich baue einen Flugzeugträger!“ Und ein Italiener entgegnen konnte: „Gib mir deine Schwester, und ich mache die Mannschaft dazu!“ Kaum noch Kinder und immer weniger „Si!“ vor dem Traualtar. Dabei war Italien früher sogar eine Hochburg der Bigamie, denn die Frauen wussten: Einer von den Kerlen streikt immer.

Man kann nur hoffen, dass sich wenigstens die legendäre Amore-Kultur in die Facebook-Ära hinüberretten kann. Schon Giacomo Casanova, der mehr Frauen beglückte als James Bond in 24 Filmen zusammengenommen, prägte die überzeugende Maxime: „Wer schläft, sündigt nicht. Aber wer vorher sündigt, schläft hinterher viel besser.“ Beim begeisterten Teutonen-Ruf: „Auf, auf gen Italien!“ muss man sogar sorgsam darauf achten, die beiden letzten Worte getrennt zu halten.

Offiziell lenken immer noch die Männer das Land der Pomeranzen, doch die Frauen lenken die Männer. In Italien herrsche das geheime Mutterrecht, schrieb der Politiker und Autor Luigi Barzini (1908–1984), selber Italiener. „La Mamma“ ist die feurige, lebensprallere Italoversion der braven deutschen Mutti. Italien, so heißt es ja, ist das Land, wo die Matronen glüh’n.