Schenefeld/Hamburg. Wendige Mini-Busse der früheren Pinneberger Verkehrsgesellschaft (PVG) waren in den 80er-Jahren im Blankeneser Treppenviertel im Einsatz

Mal ehrlich, würden Sie sich ein rosa lackiertes Auto mit beige-farbener Innenausstattung kaufen? Wohl nicht, oder höchstens, wenn Sie eine Barbie-Puppe oder Cindy aus Marzahn wären. Doch genau solche rosigen Gefährte waren in den 1980er-Jahren als Mini-Busse der HHA und später der früheren Pinneberger Verkehrsgesellschaft (PVG) unterwegs.

Heimatadresse der sechs sexy Rosies war bis 1991 der Schenefelder PVG-Betriebshof am Osterbrooksweg. Das Einsatzrevier für die originellen Kleinbusse gehörte hingegen zu den nobelsten Stadtteilen Hamburgs. Die wendigen, nur sechs Meter langen Fahrzeuge bedienten die Linie 48: Vom Blankeneser S-Bahnhof aus führte der Rundkurs auf kurviger Strecke durch das berühmte Treppenviertel des Stadtteils und beängstigend enge Gassen hinunter zum Strandweg. Von dort ging es dann über den steilen Waseberg mit immerhin 16 Prozent Steigung zurück zur Bahnstation. Kein Wunder, dass die munteren Nahverkehrs-Minis von den Blankenesern schnell den längst zum Markenzeichen gewordenen Namen Bergziege erhielten.

Bergziege Rosie und drei weitereBus-Oldtimer sind reif fürs Museum

Für die Belastungen beim Auf und Ab waren die Fahrzeuge mit 14 Sitz- und zwölf Stehplätzen und 86 PS Motorleistung mit speziellen Getriebeuntersetzungen und verstärkten Bremsen ausgestattet.

Inzwischen verkehren auf der 48er-Linie des Hamburger Verkehrsverbunds (HVV) längst moderne Kleinbusse. Betreiber sind die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH), in die auch die einstige PVG mitsamt ihrer Schenefelder Zentrale aufgegangen ist. Einer der Busse verfügt sogar über Elektroantrieb. Demnächst wird ein zweiter Stromer vom Typ Rampini Midibus hinzukommen, kündigte VHH-Sprecher Martin Beckmann an. Langfristig soll die Strecke ausschließlich elektrisch betrieben werden.

Die neuen Busse sind, wie andere VHH-Fahrzeuge auch, als Silberlinge unterwegs. Doch die Farbe Rosa, in der früher auch die Hamburger Schnellbusse lackiert waren, hat überlebt: Denn 2012 wurde ein Blankeneser Oldie, Baujahr 1982, frisch aufgerüscht und im Original-Make-up lackiert, vom Schenefelder Betriebshof nach Bergedorf verlegt. Dort hat der Kleine auf dem Gelände der VHH einen besonders würdigen Platz erhalten.

In einer früheren Triebwagenhalle der einstigen Bergedorf-Geesthachter Eisenbahn, aus der die VHH hervorgingen, bildet er mit drei weiteren Oldtimern der Busgesellschaft gewissermaßen die Museumssparte des Unternehmens. Allerdings sind die Veteranen sämtlich trotz beeindruckender Kilometerstände noch bestens in Form. Zum Traditionsteam gehören neben der Bergziege vom Typ Mercedes Benz O 309 D ein Reisebus Magirus-Deutz Saturn, Baujahr 1962, ein Mercedes Stadtbus O 305 von 1984 sowie ein Büssing Präsident, der 1964 in Dienst gestellt wurde. Außer Rosie sind die drei Oldtimer in den einstigen VHH-Farben dunkelrot und schwarz lackiert. „Der Stadtbus ist mit 844.000 Kilometer Fahrleistung Sieger in der Streckenwertung”, sagt Rolf Westphalen.

Der gelernte Automechaniker ist jetzt im Marketing der VHH tätig und betreut zusätzlich mit einem Team von zehn bis zwölf Fahrern, Technikern und Verwaltungsleuten die Museumsflotte. Die Bergziege kann nach seinen Worten mit 512.000 Kilometern auch einen speziellen Rekord für sich verbuchen. Denn die Streckenlänge der Linie 48 beträgt lediglich 5,9 Kilometer.

Allein bei der Pflege der betagten Fahrzeuge bleibt es erfreulicherweise nicht. „Das Oldtimer-Quartett nimmt vor allem in der Zeit von Frühjahr bis Herbst an diversen Veranstaltungen und Präsentationen teil”, sagt Martin Beckmann. So war ein Traditionsbus anlässlich der Jubiläumsfeiern zum 50-jährigen Bestehen des HVV auch im Kreis Pinneberg unterwegs. Auch bei Stadtfesten und Oldtimerausstellungen sind die Bus-Senioren sehr gefragt.

Alle Oldtimer können besichtigt und sogar gemietet werden

Um den finanziellen Aufwand für den Erhalt der Klassiker-Flotte zu minimieren, aber auch, um den Fans etwas zu bieten, können alle vier Busse auch für gewerbliche oder private Veranstaltungen gemietet werden. Dazu gehören Filmproduktionen und Jubiläen ebenso wie Betriebsfeiern, Geburtstage oder Hochzeiten von frisch getrauten oder in Ehren ergrauten Silber- und Goldjubelpaaren. Junggesellenabschiede und ähnliche alkoholträchtige Anlässe haben allerdings keine Chance. Die Preise richten sich nach Einsatzort, Dauer und Strecke. „Selbstverständlich stehen unsere Traditionsbusse auch den Bewohnern des Kreises Pinneberg zur Verfügung“, sagt Beckmann.

Sein Kollege Westphalen freut ich immer wieder über die positive Resonanz der Fahrgäste, die sich an der altertümlichen Ausstattung der Busse, den per Handkurbel betätigten Fahrscheindruckern und dem speziellen Duft des Innenraums ergötzen. „Manche Eltern zeigen ihren Kindern auch genau den Sitz, auf dem sie möglichst in der Nähe des Fahrers früher am liebsten gesessen haben“, sagt Westphalen. Nach Absprache gibt es neben der Anmietung auch die Möglichkeit, die Fahrzeuge im Betriebshof Bergedorf zu besichtigen. Kontakt unter Telefon 040/ 72 59 43 07.

In den Wintermonaten ist der Auswärtseinsatz allerdings nur bei schnee- und glättefreien Verkehrslagen möglich. Zudem nutzen die Veteranenbetreuer dann die Gelegenheit, ihre Oldies zu pflegen sowie Wartungen und Reparaturen zu erledigen. Wie alle Nahverkehrsbusse müssen auch die vier Museumsstücke alle zwölf Wochen zum Sicherheitscheck, einer speziellen technischen Funktionskontrolle.

Manche Ersatzteile werden erst im Kontakt mit anderen Busbetreibern beschafft oder müssen sogar angefertigt werden. Doch für den größten Notfall haben die VHH-Experten vorgesorgt. „Für jeden der vier Busse haben wir einen kompletten Ersatzmotor auf Lager“, versichert Westphalen.